Dienstag, 22. März 2011

Alan Greenspans Geschimpfe

Alan Greenspan beklagt sich in einer neu vorgelegten Studie darüber, dass Präsident Obamas Aktivismus die konjunkturelle Erholung verhindere. Paul Krugman fragt sich in seinem Blog, ob er auf schwache Argumentation oder die schlampige Ökonometrie eingehen soll. Oder soll er sich damit befassen, dass Greenspan eine grosse Literatur in Sachen Unternehmensinvestitionen ignoriert. Krugman hält es für besser, den Ton, den Greenspan in seiner Studie anschlägt, in den Vordergrund zu stellen. Während andere Wissenschaftler anhand von Modellen arbeiten, ist der ehem. Fed-Präsident ein weiser Orakel, der die tiefen Geheimnisse des menschlichen Verhaltens kennt, beschreibt Krugman spottisch. „2011 ist nicht 2006. Greenspan ist ein ex-Maestro. Sein Ruf ist die Radieschen von unten anzuschauen“, schildert der Träger des Wirtschaftsnobelpreises (2008). Greenspan ist nicht mehr der „Man Who Knows“. Er stand einer Wirtschaft, die in die schlimmste Krise seit der Grossen Depression geriet, vor. Und er sah nichts Böses und er hörte nichts Böses. Er weigerte sich, etwas über Subprime zu tun. Er bestand darauf, dass Derivate das Finanzsystem stabiler machen und er wies es nicht nur zurück, dass es sich dabei um eine nationale Immobilienblase handelt, sondern dass es eine Blase überhaupt möglich ist, schildert Krugman weiter.


Das einzig allerwichtigste Problem (Umfrageergebnisse unter Kleinunternehmen), Graph: Prof. Brad DeLong
Wenn er sich durch harte und ernsthafte Reflektion erlösen will, wie falsch er gelegen ist, dann ist es fein. Krugman würde ihm zuhören. Aber wenn er denkt, dass er uns immer noch belehren kann, dann vergeudet er nur unsere Zeit, fasst Krugman zusammen.

Brad DeLong beschäftigt sich in seinem Blog etwas ausführlicher mit dem erwähnten, aktuellen Paper des ehemaligen Fed-Präsidenten.

Greenspan schreibt:

“What is most notable [about today]... is the unusually low level of corporate illiquid long-term fixed asset investment.... This contrasts starkly with the robust recovery in the markets for liquid corporate securities.... What, then, accounts for this exceptionally elevated level of illiquidity aversion?... I infer that... the effect can be explained by the shock of vastly greater uncertainties embedded in the competitive, regulatory, and financial environments faced by businesses... deriving from the surge in government activism..”

DeLong kann nicht sehen, wie das alles in einer Weise überhaupt miteinander zusammenhängen soll. Wenn die Unternehmen nicht bereit sind, in illiquide Kapital zu investieren, weil sie Angst haben, dass die Massnahmen der Regierung den Wert ihrer Investitionen beeinträchtigen können, müssten die Unternehmen auch Angst davor haben, dass das staatliche Handeln den Wert ihrer bestehenden illiquiden Investitionen beeinträchtigen würde, argumentiert der an der University of California, Berkeley lehrende Wirtschaftsprofessor.

Was ist aber der Wert der bestehenden illiquiden Investitionen? Der Wert der bestehenden illiquiden Investitionen ist nichts anderes als der Börsenwert der Unternehmen. Der flüssige Börsenwert ist nichts anderes als die Cash Flows aus illiquiden Investitionen, die Unternehmen getätigt haben, welche Gewinne generieren, erklärt DeLong.

Eine viel bessere und vernünftigere Erklärung für den relativ hohen Wert, den die Aktienmärkte für die bestehenden illiquiden Aktiva auf den Tisch legen und den relativ niedrigen Wert, den die Unternehmen für illiquide Investitionen auf den Tisch legen, um ihr Anlagevermögen zu erweitern, ist, dass die Kapazitätsauslastung gering ist, beschreibt der ehem. Staatssektretär im US-Finanzministerium. Warum sollen Unternehmen jetzt mehr Geld für den Bau von Fabriken ausgeben, wenn es teuerer wäre und nur ungenutzte Kapazitäten aufstocken würde?

Wenn man die Leute befragt, die Unternehmen leiten, was ihr wichtigstes Problem ist, antworten sie nicht: Steuern, wie sie es manchmal tun. Sie erwähnen auch nicht die Kosten, wie sie es seit Beginn des Jahres 2000 tun und die Qualität der Arbeit ist es auch nicht. Es sind auch nicht die Verfügbarkeit und die Kosten der Versicherung, wie sie es 2004 geschildert haben. Und es sind auch nicht staatliche Auflagen, worüber sie sich zu Beginn des Jahres 1993 beschwert haben. Was antworten sie aber? Schlechte Verkäufe.

Private Investitionen sind gering, weil die gesamtwirtschaftliche Nachfrage gering ist und damit die Kapazitätsauslastung. Und es ist nicht zu erwarten, dass sie sich in absehbarer Zeit verbessern. Das ist eine Erklärung, die schlüssig ist und in die Fakten passt, in der Weise, wie Greenspans (à la Ayn Rand) Behauptung, dass es irgendwie immer die Schuld des Staates sein muss, hält DeLong fest.

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