Freitag, 30. Mai 2008

„Vorbeben“. Was die globale Finanzkrise für uns bedeutet und wie wir uns retten können.

Buchbesprechung:

Wolfgang Münchau:Vorbeben“. Was die globale Finanzkrise für uns bedeutet und wie wir uns retten können. Hanser Verlag, München 2008.

Im nachhinein lässt sich mit Fug und Recht behaupten, dass das Ausmass der anrollenden epischen Finanzkrise von der Mehrzahl der Experten völlig unterschätzt worden ist. Ausgebrochen ist die Krise im August 2007. Auslöser war die Erkenntnis, dass verbriefte Hypothekendarlehen aus dem Subprime-Sektor in den diversen Derivatenformen wesentlich riskanter waren als bis anhin angenommen. Später sprach man deshalb von einer Kreditkrise. Nun sind wir in einer globalen Finanzkrise gelandet.

Der Ausgangspunkt der Krise lag sicherlich am gelpolitischen Kurs der US-Notenbank (Fed) unter Alan Greenspan. Als fatal erwies sich aber die Idealisierung des Marktes durch Entscheidungsträger. Für das Entstehen von Spekulationsblasen ist daher eindeutig der Markt-Fundamentalismus verantwortlich. Die Relevanz der neuen synthetischen Finanzinstrumente fürs Risikomanagement und die Liquiditätsbereitstellung wurde besonders durch den damaligen Fed-Chef über den Schutz der Öffentlichkeit gestellt. Warnungen wurden von ihm geflissentlich in den Wind geschlagen. Heute haben die äusserst komplexen Finanzderivate mittlerweile eine dominate Stellung in den globalen Finanzmärkten, wobei mangelhafte Aufsicht auch eine wesentliche Rolle spielt. Wolfgang Münchau unternimmt hier den Versuch, aufzuzeigen, wie sich die Blase an den Kreditmärkten bilden konnte. Er stellt zudem anhand von besicherten Schuldverschreibungen (CDOs) verständlich dar, wie die Spekulation in den Kreditmärkten funktioniert. Auch das Prinzip der Verbriefung und das Instrument des Swaps, die beiden wichtigsten Konzepte der modernen Finanzmärkte, werden ausführlich mit Zahlenbeispielen klar erklärt. Ein Glosser mit den wichtigsten Fachausdrücken rundet dieses informative Buch ab. Der Titel des Buches „Vorbeben“ ist bewusst gewählt, da das Werk bereits im Oktober 2007 den Redaktionschluss hatte und die Prognose abgeben wollte, dass die Subprime-Krise nur ein Vorbeben eines grösseren tektonischen Schocks in den internationalen Finanzmärkten darstelle, was sich nun als richtig herausstellt. Wolfgang Münchau ist Direktor des Wirtschaftsinformationsdienstes „eurointelligence.com“ und Europa-Kolumnist der „Financial Times“. Er war Gründer einer der Gründer der „Financial Times Deutschland“ und deren Chefredakteur von 2001 bis 2003. Der Autor verzichtet nicht darauf, Tipps und Empfehlungen zu geben, wie sich Anleger in diesem äusserst widrigen Marktumfeld verhalten sollen. Lesenswert.

Cezmi Dispinar

*erschienen in der Ausgabe 197 von 30. Mai 2008

Keine Kommentare: