Donnerstag, 3. September 2020

Fed’s neue Rahmenhandlung und Arbeitsmarkt

Es ist derzeit schwer, sich der aktuellen Debatte über Fed’s neue Rahmenhandlung zu entziehen.

Schliesslich handelt es sich dabei um den Beginn einer neuen Ära der Geldpolitik der amerikanischen Notenbank.

Mit dem neuen Ansatz „average inflation targeting“ (AIT) unterstreicht die Fed die Bereitschaft, zuzulassen, dass die Inflation das angepeilte Ziel von 2% einige Jahre überschiessen kann, falls die Teuerungsrate davor unterhalb des Zielwertes verlief.  

Es ist unter Ökonomen mittlerweile vorwiegend unumstritten, dass das Verfehlen des Inflationsziels ein Problem ist. Alle wissen, dass die Inflation in den letzten Jahren weitgehend unter dem 2%-Ziel lag. Und die Fed kündigt jetzt an, dass sie heftigere Inflationsphasen tolerieren will.

Mit dem neuen Ansatz bemüht sich die Fed, Fehler zu vermeiden, vor allem was die Auswirkungen in Bezug auf den Arbeitsmarkt betrifft.

Zur Erinnerung: Die Fed hat die Leitzinsen zwischen 2015 (17. Dezember) und 2018 (20. Dezember) insgesamt 8x angehoben.

Die Folge der Zinserhöhungen war, dass die Erholung des Arbeitsmarktes gedrosselt wurde. Die Notenbank wollte eine Inflation unterbinden, die gar nicht existiert hat.



Fed’s Inflationsziel (rote Linie) und die tatsächliche Inflation (blaue Balken), Graph: Bloomberg, Aug 2020


Es ist andererseits ein offenes Geheimnis, dass die Fed davon ausgeht, dass es ein Spannungsfeld zwischen der Inflation und dem Arbeitsmarkt gibt.

Eine niedrige Inflation kann nämlich darauf hindeuten, dass der Arbeitsmarkt unnötig gekühlt wurde.

Amtierende und ehemalige Beamte der Fed sagen unterdessen, dass der Zeitpunkt der Zinserhöhungen zwischen 2015 und 2018 ein Fehler gewesen sein könnten, wie YahooFinance berichtet.

Lael Brainard und Richard Clarida, die beide im Gouverneursrat der Fed sitzen, sagten diese Woche, dass die Fed möglicherweise eine schnellere Erholung des Arbeitsmarktes nach 2008 gebremst hat, indem sie die Nullzinsen zu früh angehoben hat.

Hätte es ein anderes Inflationskonzept gegeben, wäre es nicht nötig gewesen, aufgrund der Erwartung einer sich materialisierenden Inflation präventiv Zinsen zu erhöhen, sagte Brainard am Dienstag in einem Webinar.



Fed’s Inflationsziel gemessen an PCE, Graph: Bloomberg, Aug 2020


Seit die Fed ihr 2%-Ziel für 2012 verabschiedet hat, hat sich die Kerninflation für den persönlichen Konsum (PCE - das von der Fed bevorzugte Maß für die Inflation, das die Lebensmittel- und Energiepreise ausschließt) im Jahresvergleich um durchschnittlich 1,6% verändert - eine anhaltende Unterschreitung des Zielwertes.

Eine niedrige Arbeitslosenquote ist kein gutes Maß für die Gesamtnachfrage, wenn die Nachfrage eine Zeit lang niedrig war, da die Arbeitslosenquote nur Arbeitnehmer zählt, die aktiv auf Arbeitssuche sind.

Eine niedrige Arbeitslosigkeit bedeutet zudem nicht unbedingt eine höhere Inflation.  


AIT (Average Inflation Targeting): Der neue Rahmen der US-Notenbank, 10y US Breakeven-Raten (Inflationserwartungen, weiße Linie) stieg über 1,8%, während die realen Renditen bei 10y TIPS (Inflationsschutz, blaue Linie) auf ein Allzeittief fielen, Graph: John Authers August 2020, Bloomberg Opinion


Wenn hohe Beschäftigung ein Symptom dafür ist, dass sich der Lebensstandard nicht erhöht, dann ist das kein Grund zur Freude.

Unterbeschäftigung ist das Ergebnis einer bewussten Sparpolitik, die darauf abzielt, die Löhne der einfachen Arbeitnehmer nach unten zu drücken.


Seit die Fed 2012 formell ein Inflationsziel von 2% angenommen hat, hat ihr bevorzugtes Inflationsmass (PCE) diese Zahl in nur 16 von 102 Monaten überschritten, Graph: FT, Aug 31, 2020 


Clarida sagte am Montag, dass die alte Rahmenhandlung "gut gedient" hat. 

Aber er hat hinzugefügt, dass ökonometrische Modelle "falsch sein können und waren", wenn sie davon ausgehen, dass eine niedrige Arbeitslosenquote zu "übermäßigem" Druck auf die Inflation führen wird. 

"Die Zeiten ändern sich, ebenso wie die wirtschaftliche Landschaft, und auch unsere Rahmenhandlung und unsere Strategie müssen sich ändern", so Clarida als Fazit.




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