Die Mainstream-Ökonomen, treu der Fiscal-Austerity Doktrin, warnen seit den turbulenten Zeiten der GFC, globalen Finanzkrise von 2008-2009 unumwunden vor einer ausufernden Inflation.
Obwohl sie damit völlig falsch liegen, malen sie weiter den Teufel an die Wand, dass die Inflation durch die Decke schiesst. Die aktuelle Begründung: Die Staaten geben nun mit dem Ausbruch der Corona-Virus Krise von März 2020 viel Geld aus, um der Wirtschaft auf die Beine zu helfen.
Je lauter der Ruf nach Inflation wird, desto tiefer fällt aber die Inflation.
Die Eurozone ist im vergangenen Monat zum ersten Mal seit vier Jahren in die Deflation, mit einem unter den Erwartungen liegenden Wert von minus 0,2% gerutscht.
Wenn das alte Muster zwischen Lohnwachstum und Inflation bestehen bleibt, könnte die EZB Anfang 2021 eine harte Zeit vor sich haben. Es ist möglich, eine Last von Schulden zu bewältigen, aber nicht in einem gänzlich deflationären Umfeld, bemerkt das Team Nordea Research am Wochenende. Völlig richtig.
Die Eurozone in einem deflationären Umfeld, Graph: Nordea Research, Sept 25, 2020
Der Anstieg der Corona-Virus-Infektionen macht die Debatte darüber, ob die Wirtschaft mehr Anreize (stimulus) braucht, noch dringlicher.
Die politischen Entscheidungsträger der EZB werden die Gelegenheit haben, sich bei einer wichtigen Konferenz am Mittwoch dazu Stellung zu nehmen.
Das Problem Europas ist die unzureichende gesamtwirtschaftliche Nachfrage. Doch die Entscheidungsträger in Brüssels und Berlin hängen immer noch an dem neo-merkantilistischen Ansatz: Export-Überschüsse, um das Defizit bei Privatverbrauch und Investitionen auszugleichen.
Der deflationäre Druck wird damit eigentlich weiter verstärkt.
Die Inflation in der Eurozone bleibt unter dem von der EZB angepeilten Wert, Graph: Bloomberg Quint, Sept 27, 2020
Das FT-Editorial schreibt am Sonntag, dass der EU-Wiederaufbaufonds (EU recovery fund) über die Corona-Krise hinaus Bestand haben sollte.
Es gibt ein schlagkräftiges Argument für eine ständige Fazilität zur Unterstützung schwächerer Länder in tiefen Krisen.
Der IWF hat sich bereits 2018 dafür ausgesprochen, ebenso wie Mario Draghi, der damalige EZB-Präsident.
Der Sanierungsfonds kann aber auch einem größeren Zweck dienen, indem er die Notwendigkeit eines besser koordinierten finanzpolitischen Kurses zur Ergänzung der Geldpolitik erfüllt, bemerkt das FT Editorial weiter.
Indem er zur Finanzierung mittelfristiger Konjunkturmaßnahmen beiträgt, stellt der Fonds sicher, dass Regierungen den Raum für sofortige Krisenhilfe haben.
Das Team Nordea Research hat recht: ohne Lohnwachstum ist es kaum möglich, Inflation zu stimulieren.
Die Entwicklung der Reallöhne, der Nominallöhne und der Verbraucherpreise, Graph: destatis, Sept 22, 2020
Der Nominallohn-Index lag in Deutschland im 2. Quartal 2020 um 4,0 % niedriger als im Vorjahresquartal. (*)
Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) weiter mitteilt, legten die Verbraucherpreise im selben Zeitraum um knapp 0,8% zu. Dies ergibt einen realen (preisbereinigten) Verdienstrückgang von 4,7%.
Und die FAZ berichtet, dass wir in Deutschland auf eine Arbeitslosenquote von 12,4% kommen, wenn wir in die Unterbeschäftigung auch die Kurzarbeitenden mit einrechnen. Das ist doppelt so viel wie die offizielle Arbeitslosenquote.
Fazit: Es fehlt an genau zwei Ursachen der Inflation: hohe Nachfrage und stark steigende Kosten, wie Heiner Flassbeck in einem seiner lesenswerten Bücher vor einiger Jahren unterstrichen hat. Ohne diese beiden Faktoren gibt es keine Inflation.
(*) Dieser Index bildet die Entwicklung der Brutto-Monatsverdienste einschließlich Sonderzahlungen ab.
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