Der Elendsindex ist die Summe von Inflationsrate und Arbeitslosenquote. Ein Wirtschaftsindikator, der von Arthur Okun eingeführt wurde.
Derzeit befindet sich der Misery Index auf historischen Tiefstständen.
Die US-Wirtschaft hat seit den 1950er Jahren nichts Vergleichbares mit dieser Periode der hohen Beschäftigung bei minimaler Inflation erlebt, betont John Authers in seiner Kolumne bei Bloomberg.
Doch das schlimme Übel ist der „Tod der Verzweiflung“. Die Lebenserwartung sinkt unter dem Gewicht der durch Sucht und Selbstmord verursachten Todesfälle.
Und das ist auch das Hauptthema eines neuen Buches (Anne Case und Angus Deaton) das bei der Princeton University Press im März 2020 erscheint.
Die Lebenserfahrung in den Vereinigten Staaten ist in den letzten drei Jahren in Folge gesunken, eine Umkehrung, die seit 1918 oder in einer anderen reichen Nation der Neuzeit nicht mehr zu beobachten war, halten die Autoren fest.
Misery Index, Graph: John Authers, Bloomberg Opinion, @JohnAuthers, Jan 13, 2020
In den letzten zwei Jahrzehnten sind die Todesfälle aufgrund von Selbstmord, Drogenüberdosierung und Alkoholismus dramatisch angestiegen und fordern jedes Jahr Hunderttausende von Amerikanern das Leben.
Einzelhandelsdaten (zyklische Verbrauchsgüter) folgen Jobs und Lohn, Graph: John Authers, Bloomberg Opinion @JohnAuthers
Anne Case und Angus Deaton erklären die überwältigende Zunahme dieser Todesfälle und werfen ein Licht auf die sozialen und wirtschaftlichen Kräfte, die das Leben der Arbeiterklasse erschweren. Sie zeigen, warum der Kapitalismus für diejenigen, die früher in Amerika prosperierten, heute keine Abhilfe mehr schafft.
Es ist offensichtlich, dass es viel Elend gibt, wie John Authers weiter bemerkt. Zum Elend gehört aber mehr als die Kombination von Inflation und Arbeitslosigkeit, zumindest wie herkömmlich gemessen.
Arbeitslosigkeit erklärt zum Beispiel nicht, dass die Erwerbsbeteiligung sinkt, während die steigenden Kosten für den Wohnraum und Ausbildung in der Inflation nicht enthalten sind.
Aus normalen Arbeitsplätzen werden immer mehr Teilzeit- und Frist-Jobs. Daraus entsteht eine prekäre Beschäftigung, mit zu wenig Lohn, keine soziale Absicherung und einer ungewissen Zukunft.
Unterbeschäftigung ist die neue Arbeitslosigkeit unterstreicht David Blanchflower vor diesem Hintergrund in seinem lesenswerten neuen Buch.
Die Rückkehr der Arbeitslosigkeit in Deutschland, Graph: Thomas Fricke, Der Spiegel Online, Jan 10, 2020
Die Arbeitsmärkte in Deutschland und einigen anderen Industrieländern sind möglicherweise nicht so fest und prall gefüllt (tight labor market), wie es die Arbeitslosenquote allein vermuten lässt, schreiben Stephen Lin und seine co-Autoren in einer kürzlich von der US-Notenbank herausgegebenen Forschungsarbeit.
Euro-Raum: Lohnwachstum versus Arbeitslosenquote, Graph: Fed Research “Why has wage growth been subdued in the advanced foreign economies?” by Stephen Lin, Kaede Johnson and Tyler Powell, Jan 2020
In Deutschland sind erstmals seit 2013 zum Jahreswechsel wieder mehr Arbeitslose registriert worden als ein Jahr zuvor, bekräftigt Thomas Fricke (@ThomasFricke10) in seiner Kolumne bei Spiegel Online.
All die oben geschilderten Begebenheiten führen zu der Frage, ob das Zusammenspiel von Inflation und Arbeitslosigkeit für die Wirtschaft wirklich von zentraler Bedeutung ist, wie vor Jahren, z.B. in den 1970er Jahren.
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