Freitag, 12. April 2019

Zinspause und das Diktat der Finanzmärkte


Das ist sicherlich eine Abbildung, die diese Woche am meisten hervorsticht. 

Die Rendite der griechischen Staatsanleihen (2,199%) mit 5 Jahren Laufzeit ist geringer als die Rendite der amerikanischen Staatsanleihen (2,314%) mit vergleichbarer Laufzeit. 

Wenn ein Land Mitglied einer Währungsunion (EWU) wird, verzichtet es auf die eigene Währung und übernimmt die Gemeinschaftswährung (EUR). Die Währung wird dann von einer gemeinsamen Zentralbank (EZB) gemanagt. 

Eine Implikation für die betreffenden Mitglieder ist, dass sie eine Anleihe in einer Währung ausgeben, die sie selbst nicht (mehr) drucken können. 

Das bedeutet, dass die nationalen Regierungen den Anleihegläubigern im Grunde genommen keine Garantie dafür geben können, dass das Bargeld (d.h. EUR) am Fälligkeitstag der Anleihe zur Verfügung steht.


Rendite der Staatsanleihen mit 5 Jahren Laufzeit: Griechenland: 2,199% (EUR) und USA: 2,314% (USD), Graph: Bloomberg, Apr 12, 2019


Wenn ein Mitgliedsland von einem negativen wirtschaftlichen Schock besonders stark getroffen wird, während eine tiefe Rezession mit einer Banken-Krise einhergeht, wie z.B. im Euroraum nach 2008-2009, dann steigt das Defizit im betreffenden Land. 

Anleger machen sich Sorgen, ob das einschlägige Land (z.B. Griechenland) über ausreichend Liquidität verfügt, um die Schulden zu bedienen. Und sie fangen an, die Papiere dieses Landes zu verkaufen.


10y GER Bund yield, Graph (intraday): BloombergTV, Apr 12, 2019


Im Ergebnis steigen die Kreditkosten für das Land. Und es entsteht eine sich selbst erfüllende Prophezeiung. Das kann zwar in Griechenland passieren, als EUR-Mitglied, aber nicht in den USA, weil die USA über das eigene Geld verfügt und nicht Pleite gehen kann.

Das Mitglied einer Währungsunion wird daher damit konfrontiert, mit dem Diktat der Finanzmärkte irgendwie umzugehen. Wenn man bedenkt, wie volatil und unberechenbar Finanzmärkte sind, kann man sich die Mühsal dabei gut vorstellen.


Märkte kalkulieren eine Zinssenkung durch die EZB im Oktober 2019 (purple Linie) und eine Zinserhöhung (weisse Linie) Ende 2020, Graph: Bloomberg, April 11, 2019 

Es wäre deswegen nicht übertrieben, darauf hinzudeuten, dass damit zugleich auch die Verschiebung der Kräfteverhältnisse zwischen Regierungen und Finanzmärkten zum Ausdruck kommt. 

Und sie hat inzwischen die nationalen Regierungen der Eurozone in Bezug auf die Finanzmärkte ernsthaft geschwächt, was laut Prof. Paul De Grauwe zu einer gefährlichen Übermacht der Märkte geführt hat, die wiederum viele Länder der Eurozone gezwungen hat, übermässige Austerität-politische Massnahmen zu ergreifen.

Und das hat wiederum zu einem erheblichen Anstieg der Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung in Europa geführt.

Nachdem die Fed nun kürzlich eine „Zinspause“ eingelegt hat und die EZB wiederholt andeutet, die Zinsen bis Ende 2020 nicht anzuheben, scheinen Investoren die eifrige Jagd nach höheren Renditen wieder gestartet zu haben.

Und das ist auch der Auslöser, warum griechische Staatsanleihen mit 5 Jahren Laufzeit nun plötzlich weniger Ertrag abwerfen als die vergleichbaren US-Treasury Bonds.




1 Kommentar:

Johannes Igel hat gesagt…

Bitte den Text noch einmal prüfen. Zuerst zahlt Griechenland weniger Zinsen und dann die USA. Scheint irgendwie nicht logisch.