Mittwoch, 15. November 2017

Der neue Fed-Chef und die Anleihemärkte


Seit US-Präsident Donald Trump Jerome Powell zum nächsten Vorsitzenden der US-Notenbank ernannt hat, konzentriert sich die Debatte unter Ökonomen hauptsächlich darauf, ob Powell Fed’s Vorhaben fortsetzen wird, die Zinssätze schrittweise anzuheben.

Angesichts der bevorstehenden Wachablösung gibt es zwar über die Richtung der amerikanischen Geldpolitik eine Unsicherheit. Aber Powell dürfte laut Pictet Wealth Management den von Janet Yellen eingeschlagenen Weg beibehalten.

Die Analysten der auf die Vermögensverwaltung fokussierten Schweizer Privatbank mit Sitz in Genf bemerken in einem am Montag veröffentlichten Kommentar, dass Powell von dem akademischen Fed-Stab besonders beeindruckt zu sein scheine und daher an gewisses Mass an Kontinuität gewährleisten würde.

Vielleicht sollten wir aber das Augenmerk auf die Anleihemärkte richten. 

Aufgrund des Wirtschaftswachstums von jeweils 3% in den beiden letzten Quartalen scheint die US-Wirtschaft in Takt zu sein. Unternehmensgewinne steigen. Und die Arbeitslosigkeit sinkt. 

Vor diesem Hintergrund überrascht es nicht, dass die Anleihehändler mit einer Wahrscheinlichkeit von 91% eine Zinserhöhung durch die Fed im Dezember erwarten. Darüber hinaus implizieren die Future-Märkte eine weitere Zinserhöhung im März 2018.


Die Wahrscheinlichkeit einer Zinserhöhung der Fed in den kommenden Monaten, Graph: Bloomberg View


Allerdings deutet das Geschehen am Anleihemarkt darauf hin, dass die Fed im nächsten Jahr die Zinserhöhungen abschliessen und sogar eine neutrale Haltung einnehmen dürfte.


Die Wahrscheinlichkeit einer Zinserhöhung durch die Fed im Dezember 2017, Graph: Bloomberg Markets


Während die Ertragskurve (yield curve) weiter schrumpft, was als Signal dafür interpretiert werden kann, dass das Wirtschaftswachstum sich verlangsamt und die Inflation an Tempo verliert, senden Teile der Geldmärkte keine bessere Botschaft, wie Bloomberg View unterstreicht. 


Der OIS-Market deutet nämlich auf viel niedrige Zinsen hin als das sog. „dot-plot“ (*) der Mitglieder des geldpolitischen Ausschusses (FOMC) der US-Notenbank zur Schau stellt, Graph: Pictet WM

Die Overnight-Index-Swaps (OIS) Kurve nimmt eine inverse Form an. Das heisst, dass die Zinsen am langen Ende der Kurve unter die Zinsen am kurzen Ende der Ertragskurve gefallen sind. 

Die inverse OIS-Forward Kurve legt damit eine „dovish Fed“ nahe, was zuletzt in den Jahren 2011 und 2012 der Fall war, wie aus der folgenden Abbildung hervorgeht.


Die Overnight-Index-Swaps (OIS) Kurve, Graph: Bloomberg View


Auch die inflationsindexierten Anleihen (TIPS) senden ähnliche Signale wie der OIS-Markt. Bei der Amtsübernahme von Powell dürfte daher die amerikanische Inflation weiterhin unterhalb von 2% verlaufen.


Die Inflation-indexierten Staatsanleihen, Graph: Bloomberg View


Damit würde aber die Fed das eigene Inflationsziel von rund 2% das 5. Jahr in Folge unterbieten. Laut TIPS dürfte die Inflation in den USA in den nächsten 30 Jahren den Zielwert der Fed kaum übersteigen.



Fazit: Der Anleihemarkt signalisiert eindeutig, dass der Straffungszyklus der Fed 2018 zu Ende geht. Der Tagesgeldsatz (Fed Funds Rate) dürfte demnach bei 1,75% liegen, verglichen mit dem gegenwärtigen Zinssatz von 1% bis 1,25%.


Die inverse US-Zinsstrukturkurve, Graph: Bloomberg


Es ist dann durchaus möglich, dass der Tagesgeldsatz auf dem Niveau von 1,75% den neutralen Zinssatz übersteigt. Der Erfahrung nach bedeutet dies jedoch, dass sich die finanziellen Konditionen verschärfen und das Wirtschaftswachstum sich verlangsamt. Und das sind sicherlich keine guten Aussichten für die Wirtschaft im Allgemeinen.


Während die Inflationsrate unter 2% verbleibt, ist die Rendite der US-Staatsanleihen mit 10 Jahren Laufzeit vom Höchstwert im Jahr 2017 zurückgefallen, Graph: Bloomberg



(*) Im „Dot-Plot“ Diagramm der Fed werden die Projektionen der einzelnen FOMC-Mitglieder für den Fed Funds Rate (Tagesgeldsatz der Fed) jeweils vierteljährlich veranschaulicht.

Das Diagramm sagt über die Anzahl der Zinsschritte nichts aus; es zeigt nur, wo die FOMC-Mitglieder die Zinsen am Jahresende (per Ende 2017, 2018, 2019 usw.) sehen.

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