Montag, 7. Dezember 2015

Schwarze Null und Null-Wachstum im Euroraum

Berlin betont, dass die deutsche Wirtschaft ohne Schulden wachsen kann.

Stimmt es? Die Realität sieht so aus: Während der Privatsektor, Haushalte und Unternehmen sich mit Ausgaben zurückhalten, schnallt auch der öffentliche Sektor die Gürtel enger. Was auffällt, ist die Verschuldung des Auslands in Deutschland.

Das heisst, dass das deutsche Wirtschaftswachstum (0,3% im dritten Quartal 2015) von Kredit-Boom in anderen Ländern abhängt, wie Heiner Flassbeck im Rahmen eines Referats an der Universität Passau anhand einigen bemerkenswerten Abbildungen neulich wieder gezeigt hat.

Das gegenwärtige exportorientierte Wachstumsmodell Deutschlands ist nicht nachhaltig, weil es von Defizit und einer übermässigen Kreditaufnahme im Ausland abhängig ist. 



Deutschland (1995-2014), sectoral financial balances, Graph: Heiner Flassbeck in: „Eurokrise“


Die trägen Investitionen reflektieren in diesem Zusammenhang die schwachen Erwartungen in Bezug auf das Konsumwachstum in Zukunft. 

Warum? Weil wenn die Löhne gekürzt werden, Arbeitslosigkeit entsteht und damit die Nachfrage sinkt. Ohne Nachfrage sehen künftige Umsatzaussichten für Unternehmen düster aus. Wenn nicht weiter investiert wird, nimmt die Beschäftigung ab. Und mit der Zeit deutet sich eine Deflationsspirale an.


Deutschland: Leistungsbilanz-Überschuss, Graph: Heiner Flassbeck in: „Die europäische Kommission mahnt Deutschland, aber nur wenig“


Die Ungleichgewichte, die auf Deutschlands Kappe gehen, sind das Ergebnis einer bewusst gesteuerten Wirtschaftspolitik, wie Adair Turner in seinem neuen Buch („Between Debt and The Devil“) zum Ausdruck bringt.

(1) Die Arbeitsmarktreformen in den frühen 2000er Jahren, die zu Lasten der Arbeit gegangen sind. Im Ergebnis sind die Löhne im Privatsektor seit 1999 um 4% gestiegen, wie Turner unterstreicht. Im öffentlichen Sektor sind sie sogar gefallen.

(2) Die Steuerpolitik, die zu Gunsten von Unternehmen und zu Lasten von Konsumenten ausgerichtet wurde. Während der private Verbrauch belastet wurde, wurden Unternehmenssteuersätze gesenkt. Das heisst, dass der Faktor Kapital entlastet wurde, während der Faktor Arbeit belastet worden ist.

(3) Die wahnsinnige Konzeption der sog. "Schuldenbremse" (im Kontext mit einem immer ausgeglichenen Haushalt), die eindeutig auf der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage lastet.

Das sind im Übrigen Faktoren, die von Flassbeck vor mehreren Jahren zur Erklärung der Eurokrise mehrmals einleuchtend hervorgehoben sind. 

Schade, dass Simon Wren-Lewis in seinem lesenswerten Blog-Eintrag zur Erläuterung der deutschen Lohn-Moderation und der schweren Folgen im Euro-Raum Heiner Flassbeck mit keinem Wort erwähnt.







Keine Kommentare: