In Sachen Griechenland geht es nicht um Transfers
zwischen einem Schuldnerland und den vielen Gläubigerstaaten, wie viele
Menschen glauben mögen.
Im Mittelpunkt steht nicht eine Art
Nullsummenspiel (zero sum game), wie die Unterzeichner des offenen Briefs an die Bundeskanzlerin
Angela Merkel mit Nachdruck unterstreichen.
Die Frage ist, ob Europa inmitten einer schweren
Depression mehr sparen kann? Die Antwort lautet nein. Länder oder Staaten
können nämlich nicht einfach so sparen wie die schwäbische Hausfrau, hat Heiner Flassbeck schon mehrmals erläuert.
Der Staat ist keine schwäbische Frau. Wer die
schwäbische Hausfrau (Merkel’s austerity postergirl) als Vorbild ausgibt,
ignoriert makroökonomische Zusammenhänge.
Es ist absurd, vor diesem Hintergrund von z.B. der “Schweiz
AG” oder der “Deutschland AG” zu reden. Das einzelwirtschaftliche Denken ist für
die Gesamtheit falsch. Der Wettbewerb unter Staaten hat nichts mit dem
sinnvollen Wettbewerb unter Unternehmen zu tun.
Brüning Deflation und Sie-wissen-schon-wer danach
an die Macht kam, Graph:
Paul Krugman in NYTimes
Deutschland 1923: Hyperinflation, Deutschland 1933: Deflation
It takes two to Tango: Wo es einen debtor gibt, gibt es einen creditor. Schuldner zu Schuldigen zu
erklären, ist ein moralisches Argument, nicht ein (makro)ökonomisches.
Im Übrigen: Niemand behauptet in der gesamten
Debatte, dass Griechenland ein Unschuldslamm sei: Es geht längst nicht mehr
“nur” um Griechenland. Es geht um eine Wirtschaftspolitik, die kläglich versagt
hat: Die neoliberale Doktrin, die stets hemmungslos bemüht ist, die
Gesellschaft “marktkonform” zu gestalten, und zwar mit fatalen Folgen wie z.B.
Massenarbeitslosigkeit: Seit Jahren wird der Sozialstaat abgebaut.
Arbeitsmobilität wird nicht nur gefördert, sondern auch erzwungen. Sogar wird die Bildung in den Dienst der
Wettbewerbsfähigkeit gestellt, wie Werner Vontobel aus der Schweiz treffend
beschreibt.
Fazit:
Es sollte nun nach mehreren Jahren endlich klar sein, dass die Austeritätspolitik
von Anfang an zum Scheitern verurteilt war, ohne einen grossen Schuldenschnitt
(debt relief).
Das Troika-Programm hat dazu geführt, dass
Griechenlands Wirtschaft schneller geschrumpft ist als Verschuldung des Landes verringert
wurde. Trotz des immensen Leidens der Menschen hat sich der Haushalt
verschlimmert.
Was wir beobachten ist, dass die "fiscal austerity +
hard money" eine tief giftige Mischung ist, wie Paul Krugman darlegt.
Die harschen Sparmassnahmen drücken die Wirtschaft
(depression) und treiben sie in
Richtung Deflation (internal devaluation).
Im Ergebnis gelingt es nicht einmal (debt
deflation), die Staatsschuldenquote (debt-to-GDP)
zu senken. Es gibt kaum Beweise dafür, dass Strukturreformen (supply side) die Wettbewerbsfähigkeit
erhöhen, während es an Nachfrage (wage
cuts) fehlt.
Es ist wahr, dass Griechenland auf die eine oder
andere Art einen Primärüberschuss (primary surplus) erwirtschaften musste. Wenn aber
Währungsabwertung nicht möglich ist (euro
straight-jacket) und kein Schuldenerlass (debt relief) erfolgt, wirken Sparmassnahmen unglaublich schmerzhaft
und sie sind v.a. völlig sinnlos: Menschen bleiben auf der Strecke (human toll) und wenden sich in Not an
radikale Parteien am rechten Ende des politischen Spektrums.
PS:
Hier ist die Abbildung in diesem Blog, die den griechischen Primärüberschuss
zeigt.
PPS: Und
hier die Abbildung des “cyclically adjusted primary surplus” für Griechenland.
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