What is Monetary Policy?
Neulich kam es zwischen David Andolfatto und Nick Rowe zu einem interessanten Meinungsaustausch auf Twitter zum Thema «Geldpolitik».
Ausgelöst wurde die Debatte durch einen Beitrag, den Scott Sumner beim Blog The Money Illusion veröffentlich hat.
Andolfatto hat unmittelbar gefragt, was Geldpolitik ist.
Rowe hat geantwortet:
«Eine Lockerung/Straffung der Geldpolitik bedeutet eine Erhöhung/Senkung des nominalen BIP (NGDP)».
Aber einfach zu sagen, dass «Lockerung/Straffung der Geldpolitik Senkung/Erhöhung der Nominalzinsen bedeutet, stimmt nicht ganz», so Rowe weiter mit einem Hinweis auf Scott Sumner.
Die Fed und die schnellste geldpolitische Straffung seit Jahren. Allein in den letzten 3 Monaten hat sie ihren Leitzins um 2% angehoben, Graph: The Economist, July 28, 2022
Sumner schreibt nämlich: «Es gibt eine Reihe von Möglichkeiten, diese Frage zu beantworten. Der Einfachheit halber werde ich mich auf ein Fiat-Geld-System konzentrieren».
Geldpolitik findet demnach statt:
1. Wenn eine Währungsbehörde . . .
2. eine Reihe von geldpolitischen Instrumenten einsetzt. . .
3. oder die Absicht signalisiert, in Zukunft geldpolitische Instrumente zu nutzen...
4. um das Angebot und/oder die Nachfrage nach der Recheneinheit («medium of account») zu beeinflussen,
5. die sich auf nominale Aggregate wie das Preisniveau und das NGDP auswirken.
Die Fed erhöht den Zinssatz im zweiten Monat in Folge um 0,75 %, Graph: NYTimes, July 28, 2022 |
Die Fed verfügt laut Sumner traditionell über drei politische Instrumente, die sich auf das Angebot an und die Nachfrage nach Basisgeld (base money, auf Deutsch: Notenbankgeldmenge) auswirken.
Aber diese Instrumente haben sich im Laufe der Zeit geändert.
Massnahmen, die das Angebot an Basisgeld beeinflussen: Offenmarktgeschäfte und Kredite an Banken.
Maßnahmen, die die Nachfrage nach Basisgeld beeinflussen: Mindestreserveanforderungen und Zinsen auf Reserven (IOR: Interest on Reserves).
Andolfatto fragt postwendend, warum die Fiskalpolitik das nominale BIP (NGDP) nicht erhöhen und/oder senken kann?
Sumner antwortet darauf, dass er es nicht für sinnvoll hält, die Definition der Geldpolitik über die Währungsbehörde hinaus zu erweitern.
Andolfatto erwidert mit der folgenden Stellungnahme, die beachtenswert ist:
«Da Geld- und Fiskalpolitik über die konsolidierte staatliche Haushaltsbeschränkung untrennbar miteinander verbunden sind, lassen sie sich nur schwer voneinander trennen. Ich habe mich darauf beschränkt, die Geldpolitik als "Zinspolitik" zu bezeichnen. Und nun liege ich damit falsch?»
Nein, Andolfatto liegt natürlich nicht falsch.
Das reale US BIP schrumpfte im 2Q2022 und markierte eine technische Rezession, Graph: Ellen Zentner, Morgan Stanley, July 28, 2022.
Um es kurz zu fassen: Auch meine Wenigkeit sieht die Geldpolitik als Zinspolitik. Denn die Zentralbank beeinflusst die Finanzierungsbedingungen via kurz- (das operative Ziel der Geldpolitik) und langfristige Zinsen (z.B. durch QE, quantitative easing, mengenmässige Lockerung der Geldpolitik).
Mit anderen Worten wirkt die Zentralbank auf die Zinsen ein, um Einfluss auf die gesamtwirtschaftliche Nachfrage zu nehmen.
Geldpolitik zielt nämlich darauf ab, sowohl inflationäre als auch deflationäre Abweichungen des wirtschaftlichen Wachstums von seinem Potenzial-Pfad zu minimieren.
Die wesentlichen Instrumente dazu sind der Benchmark-Zinssatz (z.B. Fed Funds Rate) und Kommunikation («forward guidance»)
Da die Zentralbank das Zinsniveau unabhängig von der Zentralbankgeldmenge (monetary base) bestimmen kann, wie Dezernat Zukunft glaubhaft erläutert, leuchtet die Darstellung von Scott Sumner nicht ganz ein.
Ausserdem bestimmen sich die Preise nicht durch die Geldmenge, sondern durch Angebot und Nachfrage.
Es ist ferner wichtig, vor Augen zu halten, dass die Erhöhung der Geldmenge während der QE-Politik der Fed nicht zu einem Anstieg des Preisniveaus geführt hat. Auch in der Schweiz nicht.
Ausblick: Fed Zinserhöhungen/Senkungen. Die erste Senkung ist im März 2023 erwartet, Graph: Bloomberg TV, July 29, 2022.
Wenn die Fed den Geschäftsbanken US-Staatsanleihen (UST) abkauft, schafft sie damit kein Geld. Denn es findet dabei keine Veränderung des Wertes der Bankaktiva durch Zentralbankkäufe statt:
UST-Bestände der Banken nimmt ab. Und die Reserven der Banken bei der Fed steigen an. Es handelt sich dabei lediglich um einen Tausch von Vermögenswerten (asset swap).
Die US-Notenbank Fed hat am Mittwoch den Leitzins im Kampf gegen die Inflation (trotz heraufziehender Rezessionsgefahr) um 0,75 Prozentpunkte angehoben, so wie bereits im Juni. Jetzt liegt der geldpolitische Schlüsselsatz bereits in einer Spanne von 2,25 bis 2,50%. Das angepeilte Ziel für das Jahresende ist: 3,25%-3,50%.
Und Fed-Chef Powell hat erneut klargemacht, dass die Inflationsbekämpfung Priorität hat, selbst um den Preis einer Rezession.
Was ist davon zu halten?
Eine Rezession ist schlimmer als Inflation. Die Forderungen "die USA brauchen eine Rezession, um die Inflation zu senken" basieren auf einem vereinfachten Wirtschaftsmodell: Phillips-Kurve.
Dieses Modell ist aber inzwischen veraltet. Phillips-Kurve (entwickelt in den 1950er Jahren) macht nur dann Sinn, wenn die Inflation nachfragegetrieben ist. Höhere Zinsen würden die Angebotsprobleme (von z.B. heute) nicht lösen.
Wie die Daten zum US-BIP im 2Q2022 zeigen, funktionieren Zinserhöhungen unterdessen recht gut, um das Wachstum der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage einzudämmen. Es besteht sogar die Gefahr, dass die Notenbank über das Ziel hinausschiesst («overshooting») und eine Rezession auslöst.
Die Anleihen haben bereits begonnen, eine Rezession einzupreisen. Ein von der Fed begünstigter Teil der Renditekurve flacht in Rekordtempo ab, um Alarm zu schlagen, Graph: Garfield Reynolds, Bloomberg, July 29, 2022
Die Fed hat in der Erklärung zum aktuellen Zinsentscheid die jüngste Abschwächung der Ausgaben der privaten Haushalte und der Produktion hervorgehoben, die wahrscheinlich den Abwärtstrend bei den realen Einzelhandelsumsätzen und Einkommen widerspiegelt.
Dennoch gibt es derzeit keinen zwingenden Grund, die Zinssätze weiter auf einem Niveau von Null zu belassen, zumal aus Sicht der Bürger die Gewährleistung einer sehr niedrigen Arbeitslosigkeit von viel grösserer Bedeutung ist, als unbedingt niedrige Zinssätze beizubehalten.
Wenn die Arbeitslosigkeit niedrig ist, braucht die Wirtschaft kein (fiskalisches) Stimulus-Paket. Es sei denn Massnahmen auf der Angebotsseite, die die wichtige und angemessene Rolle der öffentlichen Hand bei der Maximierung von Beschäftigung und Fairness in der Wirtschaft stützen und zur Erfüllung dringender sozialer Bedürfnisse beitragen.
Die Inflation ist keine Ausrede für die Untätigkeit bei notwendigen Steuerreformen und Investitionen, wie Josh Bivens von EPI bekräftigt.
Ein größerer öffentlicher Sektor ist nicht inflationär, Graph: Josh Bivens, EPI, July 26, 2022.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen