The Financial Times (FT), die britische Wirtschaftszeitung aus London mokiert sich über die deutschen Mainstream Medien. Der FT Blog, FTAlphaville schreibt, dass es ein spezielles deutsches Wort für negative Zinsen gibt: „Strafzins“.
Das Wort wird häufig für Zinssätze unter null verwendet, v.a. mit der Absicht, die EZB zu diffamieren, weil angeblich die deutschen Sparer dadurch enteignet werden.
André Kühnlenz erklärt in einem lesenswerten Beitrag bei Finanz und Wirtschaft und auf Twitter, warum solche Unterstellungen sinnlos und ungeschickt sind.
Die EZB hat am Donnerstag den Negativzins auf überschüssige Einlagen der Banken bei der EZB von -0,4% auf -0,5% gesenkt, aber gleichzeitig Freibeträge (wie in der Schweiz durch die SNB, genannt „tiering system“) beschlossen. Der durchschnittliche Zins auf Einlagen liegt damit unter dem Strich weniger weit im Minus. Das heisst, dass die Banken entlastet werden.
Die Société Générale berechnet, dass die Kosten für Einlagen der Banken insgesamt von 7,1 auf 5 Mrd. EUR sinken.
Negativzinsen auf überschüssige Geldmittel bei der Notenbank und wie die EZB die Banken entlastet, Graph: André Kühnlenz, Finanz und Wirtschaft, Sept 14, 2019
Dennoch lassen die Banken in Europa keine Gelegenheit aus, über Niedrigzinsen bzw. Negativzinsen zu klagen. Es gibt aber für Investmentbanken Möglichkeiten, v.a. nach dem der Euro-Swap-Satz negativ wurde, mit Produkten wie z.B. „inverse floater notes“ sich über Wasser zu halten.
Es ist das Äquivalent der Alchemie am Anleihemarkt, wie Bloomberg berichtet: „negative Zinssätze werden durch die Magie der Derivate in eine Goldgrube der Rendite umgewandelt“.
EURO Swap-Satz, Graph: BNN Bloomberg, Sept 14, 2019
In einer Welt von mit Negativ-Renditen gehandelten Anleihen in Höhe von 15‘000 Mrd. USD sind die Investmentbanken in der Lage, exotische Lösungen für Investoren, die auf alles setzen wollen, anzubieten.
Kokou Agbo-Bloua von Société Générale macht auf „inverse floater notes“ aufmerksam, die einen Coupon bieten, der steigt, wenn die tieferen Zinssätze weiter in den negativen Bereich fallen, ähnlich wie die high-octane ETFs, die an Wert gewinnen, wenn die Märkte fallen.
In der Eurozone ist die Unterbeschäftigung auf zu niedrige öffentliche Defizite zurückzuführen, Graph: European Commission @ecfin Sept 13, 2019
Ein typischer Inverse Floater mit 10 Jahren Laufzeit ist möglicherweise kündbar (callable) und zahlt einen Kupon in Höhe von 0,5% oder 1% abzüglich des 5-Jahres-Swapsatzes mit einem Multiplikator.
Das Produkt ist anscheinend auch mit dem Mandat der Versicherungsgesellschaften oder Pensionskassen vereinbar.
Die deutsche Landesbank Hessen-Thüringen hat beispielsweise im Juli kündbare Schuldverschreibungen im Wert von bis zu 30 Mio. EUR verkauft, die einen festen Kupon von 1,896% ausschütten.
Der Twist dabei ist: Es hängt alles davon ab, dass der zweijährige EUR Zins-Swap-Satz bis 2021 negativ bleibt. Und das ist in der Tat eine bearish Wette auf die Stagnation in der Eurozone.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen