Frau Sabine
Lautenschläger hat am Samstag im Rahmen eines Referats in Berlin
zum Thema Niedriginflation in der Eurozone Stellung genommen:
„Low inflation rates in
some Member States – even when negative – are not in themselves a breach of the
target. They can be necessary to restore lost competitiveness.”
Das heisst frei übersetzt, dass niedrige Inflationsraten in
einigen Mitgliedsstaaten (auch wenn negative) an sich keinen Verstoss gegen das
feste Inflationsziel der EZB darstellen. Niedriginflation kann sogar
dazubeitragen, die Wettbewerbsfähigkeit wiederherzustellen.
Die deutsche Juristin, Mitglied des EZB-Direktoriums äussert
sich so, wie wenn die Eurozone keinen Stimulus bräuchte, weil sie ja
Niedriginflation hat.
Was stimmt aber mit der Niedriginflation (lowflation) nicht? Was ist die Gefahr?
Es gibt zumindest drei Probleme mit Niedriginflation: (1)
Verschuldung, (2) Nullzinsgrenze (ZLB: zero lower bound) und (3) Glaubwürdigkeit der Zentralbank.
Forward Zinssätze in G4 Ländern im Vergleich, Graph: Morgan
Stanley
Geringer als erwartet ausgefallene Inflation lastet auf dem
Schuldner, weil die reale Last der Schulden steigt.
Gerät die Wirtschaft an die Nullzinsgrenze (ZLB), verliert
die Zentralbank die Fähigkeit, die Realzinsen ins Negative zu drücken, was
notwendig werden kann, um u.U. schädliche Schocks für die Wirtschaft abzuwehren.
Japan beispielsweise verweilt seit 2009 an der Nullzinsgrenze. Vor dem Ausbruch der Great Recession wurde die Nullzins-Grenze als eine hypothetische
Möglichkeit abgetan. Nun beschäftigt sie aber alle modernen Zentralbanken rund
um die Welt als die unmittelbare Gefahr, die abgewehrt werden muss.
"Japanisierung" Europas; die Konvergenz der Zinssätze am langen Ende ist besonders verblüffend, Graph: Morgan Stanley
Die Niedriginflation stellt die Glaubwürdigkeit einer
Zentralbank in Frage, wenn die Zentralbank v.a. die Preisstabilität nicht
gewährleisten kann, dadurch dass sie die Zielinflationsrate dauerhaft
unterläuft.
Verschuldung: privater Sektor versus öffentlicher Sektor, Graph: Morgan Stanley
Unterbietung der Zielinflation kann die Verankerung der
Inflationserwartungen aus den Angeln heben, sodass die mittel- und
langfristigen Inflationserwartungen einem Risiko ausgesetzt werden, falls die Niedriginflation
lange anhält.
Es ist fahrlässig, in einer schwer angeschlagenen Wirtschaft
(mit Schuldenüberhang und hoher Arbeitslosigkeit) die Gefahr der
Niedriginflation zu unterschätzen.
1 Kommentar:
"Die deutsche Juristin, Mitglied des EZB-Direktoriums..."
Hier haben wir doch schon das Problem.
Man stelle sich vor, ein Volkswirt würde sich zu einem kniffligen, internationalen Rechtsstreit äußern.
Sowas kommt raus, wenn man nach Quote besetzt.
Kommentar veröffentlichen