Paul
Krugman macht sich in seiner lesenswerten Kolumne („The Urge to Purge“) am Freitag in NYTimes Gedanken über die verrottete Wirtschaftspolitik aus den 1930er Jahren, die
auch heute in gewissen Kreisen Anziehungskraft entfaltet.
Als
die Great Depressison die Wirtschaft heimsuchte, warnten viele einflussreiche
Menschen davon, dass der Staat es nicht einmal wagen sollte, den Schaden zu
begrenzen. Herbert Hoover hat
erzählt, wie er damals von Andrew Mellon,
seinem Finanzminister gedrängt worden sei, die „Arbeit, die Aktien und die
Bauer zu liquidieren“. Damit werde die Fäulnis aus dem System gelöscht. Der
berühmte Ökonom Joseph Schumpeter
hat damals davor gewarnt, die Erholung der
Wirtschaft nicht zu beschleunigen, weil der künstliche Stimulus einen Teil der
Arbeit der Depression rückgängig machen würde.
Wie
viele Ökonomen habe auch Krugman gepflegt, mit einer gewissen
Selbstgefälligkeit diese alten Koryphäen zu zitieren.Immerhin hat die moderne Makroökonomie gezeigt, dass die gefeierten Stars falsch lagen und wir die Fehler in den
1930er Jahren nicht wiederholen würden.
Wie
naiv waren wir, bemerkt Krugman weiter. Es stellt sich heute heraus, dass der
Drang, die Depression als eine notwendige ja sogar irgendwie eine wünschenswerte
Strafe für die vergangenen Sünden zu sehen, so stark ist wie eh und je. In der
Tat ist Mellonismus in diesen Tagen
überall: von CNBC bis WSJ-Leitartikel. Und die Chancen sind gross, dass Sie
niemanden sehen, der argumentiert, dass die Regierung und die Fed zu wenig tun,
um die Massenarbeitslosigkeit zu bekämpfen. Ganz im Gegenteil: Sie treffen
vielmehr auf Experten, die über die angeblichen Übel Haushaltsdefizite und
Geldschöpfung schimpfen und Keynesianismus als die Wurzel allen Übels
darstellen.
Die
Tatsache ist nun, dass diese Schimpfer über allle Themen falsch liegen, und
zwar auf allen Ebenen der Krise, während die Keynesianer zumeist Recht hatten.
Aber die Anhänger von Mellon (Mellonites) kommen weiter. Das jüngste Beispiel
ist David Stockman.
Was
ist zu tun? Wir brauchen geldpolitischen und fiskalpolitischen Stimulus, um der Krise
entgegenzuwirken und zu veranlassen, dass diejenigen, die nicht zutiefst verschuldet
sind, Geld auszugeben, während die Kreditnehmer sich zurückhalten.
Dieses
Rezept ist aber für die Mellonites natürlich ein Gräuel, die ja das Ganze zu
Unrecht als dieselbe Politik betrachten, die die Wirtschaft in diese Falle habe
geraten lassen. Und das wiederum zeigt laut Krugman, warum Liquidationismus (liquidationism) eine solch zerstörerische Doktrin ist: weil die Probleme in
eine Moralfabel von Sünde und Vergeltung umgewandelt werden, was die Wirtschaft
zu einem tieferen und längeren Abschwung verdammt.
Die
schlechte Nachricht ist, dass das Argument in Sachen Sünde populär ist. Obwohl
Mellonites falsch liegen, und zwar über alles, was die Makroökonomie betrifft, hat
die Vorstellung von der Wirtschaft als Moralfabel sogar eine intuitive Zugkraft,
welche schwer zu bekämpfen ist, legt Krugman dar: Wird die Idee mit ein wenig
politischem Cross-Dressing
verschleiert, glauben sogar Anhänger der Demokratischen Partei daran. Sie
sollten es aber nicht tun. Mellon lag damit völlig falsch in den 1930er Jahren
und seine Avatars liegen heute völlig falsch. Es ist die
Arbeitslosigkeit, die uns heute plagt, nicht die Geldschöpfung. Und die Politik
sollte viel mehr unternehmen, nicht weniger.
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