Freitag, 25. Juli 2008

Die wahren Kosten des Krieges

Buchbesprechung*:

Joseph Stiglitz, Linda Bilmes: Die wahren Kosten des Krieges. Wirtschaftliche und politische Folgen des Irak-Konflikts. Pantheon Verlag, München 2008.

Es steht heute fest, dass es mit Ausnahme der amerikanischen Erdöl- und Rüstungsindustrie kaum echte Gewinner des Irakkriegs gibt. Die Regierung Bush hat sich nicht nur hinsichtlich der positiven Effekte des Krieges, sondern auch in Bezug auf die Kriegskosten vollkommen verschätzt. Der Krieg ist in der Tat eine groteske Verschwendung von Ressourcen. Bisher sind fast 4'000 US-Soldaten gefallen und über 58'000 wurden verwundet, verstümmelt oder sind ernstlich erkrankt. Joseph Stiglitz, Professor für Volkswirtschaft an der Columbia University in New York und Linda Bilmes, die heute Finanzwirtschaft an der Kennedy School of Government in Harvard unterrichtet, befassen sich in diesem Buch schonungslos mit der bisher ungeahnten wirtschaftlichen Belastung dieses Konfliktes für den amerikanischen Steuerzahler und für die gesamte Weltwirtschaft.

Im Mittelpunkt steht die Evaluierung der verschleierten und verborgenen Kosten (wie z.B. die langfristige medizinische Betreuung von Veteranen). Die wirtschaftlichen Kosten des Krieges belaufen sich laut Autoren auf 3'000 Mrd. Dollar, zuzüglich weiterer 3'000 Mrd. Dollar für die übrige Welt. Zur Erinnerung: Die Bush-Regierung erklärte, der Krieg würde 50 Mrd. Dollar kosten. Inzwischen geben die USA diesen Betrag im Irak alle drei Monate aus. Für ein Sechstel der Kriegskosten hätten die USA ihr Sozialversicherungssystem in Ordnung bringen können. Im Kapitel 5 zeigt Stiglitz, der 2001 mit dem Nobelpreis für Wirtschaft ausgezeichnet wurde, quantitativ die gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen des Konfliktes auf. Der Irakkrieg ist aus drei Gründen schlecht für die Wirtschaft: 1) Der Erdlöpreis steigt, 2) Das Geld hätte, wenn es im eigenen Land in den Bau von Strassen, Krankenhäusern oder Schulen gesteckt worden wäre, einen unvergleichbar höheren Beitrag zu langfristigem Wachstum leisten können, 3) Der Grossteil der Rechnung muss erst noch bezahlt werden, etwa für Entschädigungen und Gesundheitsversorgung (Stichwort: Kriegsveteranen). Das bedeutet eine hohe Belastung für künftige Generationen. Das Haushaltsdefizit wird steigen. Die Steuern werden erhöht. Fazit: Die amerikanische Mittelschicht, die unter der inkompetenten und dummen Wirtschaftspolitik der Bush-Adminstration leidet, wird die Zeche zahlen müssen. Am Schluss der Analyse präsentiert Stiglitz nüchtern seine Reformvorschläge für die Zukunft. Irakkonflikt als ideale Fallstudie für das Phänomen „Staatsversagen“. Das Buch ist für jeden politisch denkenden Menschen eine Pflichtlektüre.

Cezmi Dispinar

* erscheint in der Ausgabe 201 von 25. Juli 2008.

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