Montag, 7. März 2011

Bildungswesen und Arbeitsmarkt im Schatten von „Hollowing Out“

„Es ist eine allgemein anerkannte Wahrheit, dass die Bildung der Schlüssel zum wirtschaftlichen Erfolg ist. Jeder weiss, dass die Arbeitsplätze der Zukunft immer höhere Geschicklichkeit benötigen“, schreibt Paul Krugman in seiner lesenswerten Montagskolumne („Degrees and Dollars“) in NYT. „Aber was jeder weiss, ist falsch. Die Idee, dass die moderne Technologie nur Hilfsarbeit eliminiert, dass die gut ausgebildeten Arbeitskräfte klare Gewinner sind, mag beliebte Diskussionen dominieren, aber es ist eigentlich seit Jahrezehnten nicht mehr aktuell“, hält der Träger des Wirtschaftsnobelpreises (2008) fest. Tatsache ist, dass seit 1990 oder so der US-Arbeitsmarkt nicht durch einen allgemeinen Anstieg der Nachfrage nach Geschicklichkeiten gekennzeichnet ist, sondern durch „Aushöhlung“ (hollowing out): Beide Hochlohn- und Niedriglohn-Beschäftigung sind rasch gewachsen. Aber Mittellohn-Arbeitsplätze (die Art der Jobs, auf die gebaut wird, um eine starke Mittelschicht zu fördern) hinken hinterher, beschreibt Krugman. Und die Lücke in der Mitte wird immer grösser.


Vorhersagen des Task-Modells für die Auswirkungen der Computerisierung auf vier Kategorien von Aufgaben am Arbeitsplatz, Graph: David Autor, Frank Levy, Richard Murnane: “The Skill Content of Recent Technological Change: An Empirical Exploration“, 2003.

Warum passiert das? Der Glaube, dass Bildung immer wichtiger wird, beruht auf der plausiblen Annahme, dass die Fortschritte der Technologie Beschäftigungsmöglichkeiten für diejenigen, die mit Informationen arbeiten, erhöhen, sodass Computers denjenigen helfen, die geistig arbeiten, während weh denen, die mit Händen arbeiten.

Die Ökonomen David Autor, Frank Levy und Richard Murnane argumentieren, dass dies der falsche Weg ist, um darüber nachzudenken, legt Krugman dar. Computer überbieten Routineaufgaben, kognitive und manuelle Aufgaben, die von expliziten Regeln erreicht werden können. Daher ist jede regelmässige Arbeit (eine Kategorie, die viele nicht-manuelle Jobs einschliesst) in der Schusslinie. Das Meiste der manuellen Arbeit, die in unserer Wirtschaft getan wird, scheint derart beschaffen zu sein, dass sie nicht automatisiert werden kann, erklärt Krugman.

Fazit: Das amerikanische Bildungswesen muss in Ordnung gebracht werden. Vor allem die Ungleichheiten, denen die Amerikaner gegenübersehen, sind nicht nur ein Skandal, sondern sie stellen eine riesige Verschwendung des menschlichen Potentials des Landes dar. Es stimmt aber nicht mehr, dass man mit einem Hochschulabschluss (college degree) einen guten Job haben kann. Und das wird mit jedem Jahrzehnt immer weniger wahr, schlussfolgert der an der Princeton University lehrende Wirtschaftsprofessor.

„Wenn wir also eine Gesellschaft mit einem weitgehend gemeinsamen Wohstand wollen, ist die Bildung nicht die Antwort. Wir müssen dazu übergehen, diese Gesellschaft direkt aufzubauen. Wir müssen die Verhandlungsmacht (bargaining power), die die Arbeit in den vergangenen 30 Jahren verloren hat, wiederherstellen, sodass normale Arbeitnehmer sowie Superstars die Macht zu Verhandlungen für gute Löhne haben. Wir müssen das Wesentliche gewährleisten, v.a. Gesundheit für jeden Bürger“, fasst Krugman zusammen.

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