Mittwoch, 16. März 2011

Löhne in Amerika: Eine traurige, aber wahre Geschichte

Aktuelle Debatten darüber, ob die Arbeitskräfte im öffentlichen oder privaten Sektor mehr verdienen, verdunkeln eine grössere Wahrheit: Alle Arbeitskräfte haben trotz grosser Produktivitätssteigerungen unter den stagnierenden Löhnen gelitten, schreiben Heidi Shierholz und Lawrence Mishel in einem lesenswerten Artikel in der aktuellen Ausgabe von Issue Brief von Economic Policy Institute (EPI). Die gegenwärtige öffentliche Diskussion stellt unlogischerweise die Arbeitskräfte im öffentlichen Sektor gegen die Arbeitskräfte im privaten Sektor, obwohl beide Gruppen nicht in der Lage waren, von den wirtschaflichen Früchten ihrer Arbeit zu profitieren. In der gerade vorgelegten Analyse zeigen die Autoren die Trends in Sachen Vergütung der Arbeitnehmer sowohl im öffentlichen als auch im privaten Sektor in Bezug auf das Wachstum der Produktivität in den vergangenen zwei Jahrzehnten.


Wachstum der Vergütung der Arbeitskräfte im privaten und öffentlichen Sektor im Vergleich zur Produktivität zwischen 1989 und 2010, Graph: Heidi Shierholz und Lawrence Mishel, EPI Issue Brief, March 2011.

Die amerikanische Produktivität stieg von 1989 bis 2010 um 62,5%, weit mehr als die realen Studenlöhne für den privaten und den öffentlichen Sektor, welche in derselben Zeitperiode um 12% gewachsen sind. Die Vergütung pro Stunde ist real etwas stärker gewachsen (20,5% für den öffentlichen Sektor und 17,9% für den privaten Sektor), blieb aber immer noch weit hinter der Produktivität zurück.

Die Stagnation der Löhne hat die High School ausgebildeten Arbeitskräfte härter getroffen als die College Absolventen, obwohl die beiden Gruppen gelitten haben. Zum Beispiel sind die Reallöhne für High School ausgebildete Arbeitskräfte im privaten Sektor von 1989 bis 2010 um 4,8% gestiegen, im Vergleich zum Reallohn-Wachstum von 2,6% im öffentlichen Sektor. Im gleichen Zeitraum ist der Reallohn für College Absolventen im privaten Sektor um 19,4% gewachsen, im Vergleich mit dem 9,5% Reallohnwachstum im staatlichen Sektor.

Der typische Arbeitnehmer hat für eine lange Zeit stagnierende Löhne gehabt, obwohl er einiges Lohnwachstum während der wirtschaftlichen Erholung der späten 1990er Jahre genossen hat. Während die Produktivität zwischen 1979 und 2009 um 80% wuchs, stieg der Stundenlohn eines Median-Arbeitnehmers um nur 10,1%, mit dem Lohnwachstum, welches von 1996 bis 2002 erfolgt ist, die starke Erholung der Wirtschaft in den späten 1990er Jahren reflektierend.

Diese Daten unterstreichen, dass es eine grössere Geschichte gibt als der Vergleich der Vergütungen zwischen dem öffentlichen und dem privaten Sektor. Die Fähigkeit der Wirtschaft, mehr Güter und Dienstleistungen herzustellen, hat nicht zu einer Entschädigung für die beiden Gruppen von Arbeitnehmern geführt. Warum? Warum haben die reichsten 1% der Amerikaner 56% aller Einkommenszuwächse zwischen 1989 und 2007 bekommen, bevor die Rezession begann? Warum sind die Unternehmensgewinne um 22% über ihrem Niveau vor der Rezession gestiegen, während die Vergütung der Arbeitskräfte im Unternehmenssektor (niedrigere Beschäftigung und magere Lohnerhöhungen) 3% unter dem Niveau vor der Rezession ist? Die Antworten liegen in einer Wirtschaft, die entworfen wurde, für die Wohlhabenden zu schaffen und nicht gute Arbeitsplätze zu erzeugen und den Lebensstandard zu verbessern.

Fazit: Die Wirtschaftspolitik hat in den letzten 30 Jahren keine gute Arbeitsplätze geschaffen, fassen die Autoren zusammen. Vielmehr liegt der Fokus auf Massnahmen, die die Verbraucher besser stellen sollen, oft durch niedrigere Preise: Deregulierung, Privatisierung der öffentlichen Dienste, die Schwächung der Arbeitsnormen einschliesslich des Mindestlohnes, Erosion des sozialen Netzes, den Ausbau der Globalisierung und einer Entwicklung in Richtung weniger und schwächeren Gewerkschaften.








1 Kommentar:

endless.good.news hat gesagt…

Was mich wundert ist das Folgende. Wenn die Löhne 40% hinter der Produktivitätssteigerung hinterherhinken heißt das, dass die Kaufkraft geringer gestiegen ist als die Menge der Produkte. Dennoch steigerte die USA auch noch die Importe von Produkten. Es werden also mehr Produkte importiert + mehr Produkte produziert bei geringer Kaufkraftsteigerung. Wie soll das auf Dauer funktionieren?