Mittwoch, 9. März 2011

Erdöl: Spekulation versus Grundlagen

Seit dem Ausbruch der Unruhen in Öl-Ländern steht das Thema Lieferengpässe im Fokus des allgemeinen Interesses. Hat der Ölpreisanstieg aber mit Spekulation oder mit Fundamentaldaten zu tun? Vorerst gilt es daher, sich zu vergegenwärtigen, dass das Öl ein Rohstoff mit einer sehr unelastischen kurzfristigen Nachfrage ist, wie Paul Krugman in seinem Blog anmerkt. Das bedeutet, dass jeder Versorgungsengpass zu einem grossen Anstieg der Preise führt. Die Versorgung aus den meisten Quellen ist auch sehr unelastisch. Eine Ausnahme ist Saudi Arabien. Es ist eine reale Möglichkeit, dass das Angebot aus Libyen, was eine wesentliche Menge darstellt, vom Markt ausgeschaltet wird, wie James Hamilton in seinem Blog andeutet. Das wirft echte Fragen auf, ob die Saudis die Lücke füllen wollen oder können. Was überrascht, ist aber, dass der Ölpreis nicht weiter zulegt.


Saudi Arabien, Ölproduktion (in Tausend Fass pro Tag) und der Ölpreis (WTI Sorte), Graph: Prof. James Hamilton

Vor dem Ersten Krieg am Persischen Golf im Jahr 1990 entfiel auf Irak und Kuwait knapp 9% der weltweiten Erdölproduktion. Saudi Arabien hatte damals erhebliche Überkapazitäten. Seine erhöhte Produktion belief sich auf fast 5% der weltweiten Versorgung. Das war ein wesentlicher Faktor zur Begrenzung der Grösse und der Dauer der Ölpreisspitze, was geholfen hat, die Schwere der Rezession von 1990-91 zu mildern, argumentiert Hamilton.

Ein Generalstreik in Venezuela hat im Dezember 2002 und im Januar 2003 2,1 Mio. Fass aus der Ölproduktion eliminiert. Kurz danach hat der Zweite Krieg am Persischen Golf eine ähnliche Menge irakischer Produktion unterbrochen. Die beiden Ereignissen führten zu einem Versorgungsengpass von 4%. Doch der Anstieg der Produktion aus Saudi Arabien hat für eine wichtige Milderung der Umstände gesorgt. Saudi Arabien war m.a.W. (zurück bis 1973) eine stabilisierende Kraft für Ölpreise.

Aber die Ölförderung der Saudis sieht in den vergangenen Jahres ganz anders aus, wie aus der Abbildung hervorgeht. Die Produktion des Königreiches ging zwischen 2005 und 2007 zurück. Obwohl die Produktion erhöht wurde, als der Ölpreis im Juli 2008 auf einen Rekordstand kletterte, entsprach der Anstieg der Versorgung im Wesentlichen nur dem Niveau von 2005. Hamilton hält das Versäumnis der Ölproduktionserhöhung in Saudi Arabien angesichts der boomenden Nachfrage aus den neu industrialisierten Volkswirtschaften für einen der Hauptgründe für den dramatischen Anstieg der Ölpreise in diesem Zeitraum (näheres siehe bitte hier).

Im Anschluss an dem 2008 erreichten Höchststand des Ölpreises haben die Saudis die Ölproduktion gekürzt, um im Einklang mit ihrer historischen Rolle für die Moderation des Ausmasses der Preisrückgänge zu sorgen. Fällt die ganze libysche Produktion aus, müssten 1,8 Mio. Fass am Tag ersetzt werden. Wenn die Saudis nicht in der Lage oder ungewillt waren, über das Niveau der Ölproduktion von 2008 zu gehen, als das Öl zu einem Preis von 140 $ je Fass verkauft wurde, warum soll man erwarten, dass sie heute so tun, während der Ölpreis WTI Sorte nur bei 106 $ liegt?, fasst Hamilton zusammen. Die Antwort weiss niemand.

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