Montag, 7. März 2011

Umlaufsgeschwindigkeit der Reserve-Einlagen

James Hamilton betont in einem weiteren lesenswerten Beitrag in Econbrowser, warum die US-Notenbank nicht im herkömmlichen Sinn Geld druckt, was schliesslich in jedermanns Portemonnaie landet. Stattdessen schafft die Fed neue Reserven, indem sie die Mittel den Konten der Banken, die sie bei der Fed unterhalten, gutschreibt. Nun erklärt der an der University of California, San Diego lehrende Wirtschaftsprofessor, was diese Reserven für die Wirtschaft historisch bedeuten, was sie in der gegenwärtigen Umgebung bedeuten und was sie in Zukunft bedeuten dürften. Wenn die Fed zum Beispiel US-Treasury Bonds (UST) kauft, tut sie das, indem sie den Kaufbetrag dem Konto der Bank (bei der Fed), der sie die Anleihe abkauft, gutschreibt. Neue Mittel werden also aus der Luft geschaffen. Die Bank, die die Anleihe verkauft, gibt die Anleihe ab und verfügt somit über neue Mindestreserve-Einlagen, mit denen sie machen kann, was sie will. Zum Beispiel könnte die Bank die Mittel zum Kauf von anderen Vermögenswerten (assets) verwenden, indem sie der Fed die Instruktion gibt, die Mittel an die Bank zu übertragen, von der sie die Assets kauft.


Bargeldumlauf (blau) und Reserve-Guthaben der Banken bei der Fed (rotbraun) in Milliarden US-Dollar, Graph: Prof. James Hamilton in Econbrowser

Die Bank könnte aber (als Alternative) die Einlagen auch nutzen, um ein Darlehen zu vergeben, um einer anderen Bank das Geschuldete zurückzuzahlen, um sich von der Fed Cash auszahlen zu lassen, oder um sie einfach auf dem Einlagen-Konto liegen zu lassen. Die Reserve-Einlagen sind ein Vermögenswert wie alle anderen und wenn eine Bank eine bewusste Entscheidung trifft, sie zu behalten, kommt es daher, weil die Bank sie zumindest so attraktiv wie die Verwendung eines jeden anderen Vermögenswertes betrachtet, erklärt Hamiton. Gemäss Gleichgewicht muss die Geldmenge, die die Fed schafft, mit der Menge an Geld, die die Banken zu behalten wünschen, im Einklang stehen.

Um zu verstehen, wie das Gleichgewicht funktioniert, betrachte man eine einzelne Bank, die ursprünglich dachte, dass die Höhe an Einlagen für eigene Bedürfnisse richtig war, die sie hatte. Angenommen, ein Kunde der Bank stellt einer anderen Bank unerwartet einen Scheck aus, welchen diese Bank einlöst, indem sie die Fed anweist, die Einlagen an die empfangende Bank zu übertragen. Die empfangende Bank hat jetzt einen viel grösseren Saldo an Einlagen als sie benötigt. Sie würde daher versuchen, jemanden für eine andere Verwendung der (überschüssigen) Mittel zu finden, z.B. indem sie einen Vermögenswert kauft oder die Mittel einfach als Darlehen an eine andere Bank vergibt, anstatt sie am Ende des Tages im Leerlauf zu belassen.

Die absendende Bank würde sich ebenfalls ungedeckt fühlen und wahrscheinlich entweder einen Vermögenswert verkaufen oder sich die Mittel auf dem „Fed Funds-Market“ besorgen, vielleicht die Reserven von der empfangenden Bank als Kredit aufnehmen. Das Ergebnis wäre, dass die Mindestreserve-Guthaben zwischen den Banken jeden Tag hin und her geschoben werden, wobei jede Empfängerbank fast immer etwas Besseres mit den Mitteln anzufangen weiss als über Nacht daran festzuhalten.

Die Tragweite lässt sich festhalten, indem man die Transaktionen auf Fedwire Funds Services, ein System, welches die Banken benutzen, wenn sie die Fed anweisen wollen, ihr Konto bei der Fed zu belasten und dem Konto einer anderen Bank bei der Fed einen Betrag gutschreiben zu lassen, um den sie eine Zahlung machen wollen. Ein Beispiel: An einem durchschnittlichen Tag im Jahr 2006 im ersten Quartal wurden 2'200 Mrd. $ „Reserve Deposits“ zwischen den Banken über Fedwire übertragen, obwohl die Reserve-Salden täglich nur 13 Mrd. US-Dollar betragen. M.a.W. ging jeder Dollar an Reserve Einlagen 170 Mal am Tag in andere Hände über, bis dieser endlich von jemandem gehalten wurde, wenn die Bücher für den Tag geschlossen wurden, legt Hamilton dar und liefert dazu die folgende anschauliche Abbildung:


Umlaufsgeschwindigkeit der Reserve-Einlagen, Graph: Prof. James Hamilton in Econbrowser

Wie radikal sich die Situation heute verändert hat, sieht man an den Daten aus dem Jahr 2010 im dritten Quartal: Jeden Tag wurden ungefähr 2'400 Mrd. $ über Fedwire transferiert. Das bedeutet eine Umlaufsgeschwindigkeit von 2,3. Jeder Dollar an Reserve-Einlagen wechselt heute 2 Mal am Tag die Hand, von einer Bank an eine andere Bank.

Ein wesentlicher Grund dafür ist, dass das System heute anders funktioniert, weil die Banken keine bessere Verwendung der Mittel sehen als sie als Einlagen zu halten. Eine Bank bekommt 0,25% Zinsen für die Reserve-Einlagen bei der Fed, was eigentlich wesentlich besser ist, als dass man damit 1-Monats-T-Bill kaufen würde. Viele Banken haben zudem nach wie vor Angst, Kredit zu vergeben. In diesem Umfeld kann die Fed Reserven schaffen, wie sie will. Und es ist nicht klar, ob sich etwas als Folge davon ändern müsste, fasst Hamilton zusammen.

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