Sonntag, 6. März 2011

Schweiz: Verpolitisierung der Geldpolitik

Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hat am 3. März für das Jahr 2010 einen Konzernverlust von 19'170,8 Mio. Franken verkündet, nach einem Gewinn in der Höhe von 9'955,0 Mio. Franken im Vorjahr. Die massive Aufwertung des Frankens insbesondere gegenüber dem Euro, dem US-Dollar und dem britischen Pfund hat zu Wechselkursverlusten in Höhe von 32,7 Mrd. Franken geführt. Die SNB steht praktisch seit dem Ausbruch der globalen Finanzkrise unter Druck. Die scharfe Kritik kommt aus der rechten Ecke des politischen Spektrums. Die Rechtspopulisten fordern inzwischen eine Beschränkung der Unabhängigkeit der SNB. Nach verbalen Attacken wollen nationalkonservative Politiker jetzt einen parlamentarischen Vorstoss auf eidgenössischer Ebene vorantreiben, um die Autonomie der SNB zu schneiden. Begründung: Die SNB habe mit grossen Währungskäufen ihren eigentlichen Auftrag verlassen. Philipp Hildebrand, SNB-Präsident habe mit dem Versuch, den Euro gegenüber dem Franken zu stützen, unglaubliche Risiken auf sich genommen. Die Kritiker der SNB halten m.a.W. Devisengeschäfte nicht für ein Mittel der Preisstabilität. Dabei hat die SNB während der weltweiten Wirtschaftskrise eine hervorragende Arbeit geleistet.

Nach dem Scheitern von Lehman Brothers standen das Finanzsystem und die Gesamtwirtschaft am Rande des Zusammenbruchs. Die reinen Liquiditätszufuhren reichten nicht mehr aus. Die Bilanzsumme der SNB wurde vor diesem Hintergrund um das fast Dreifache auf rund 300 Mrd. Franken erhöht. Die Ausdehnung ist v.a. auf die Devisenkäufe zurückzuführen.

Die SNB stand laut Hildebrand vor einer unmöglichen Wahl: entweder sie müsste die verheerenden Folgen eines Ausfalls einer Grossbank, nämlich der UBS für die Volkswirtschaft akzeptieren. Oder sie würde sich bereitwillig zeigen, das erhebliche Risiko der Stabilisierungsmassnahmen zu tragen.

Die Entwicklung des Verbraucherpreisindexes war in der Schweiz während einigen Monaten negativ. Wenn sich eine Deflation einsetzt, steigt die reale Last der Schulden, was sowohl die Konsum- als auch die Investitionsnachfrage belastet. Das Deflationsrisiko verlangte eine zusätzliche Lockerung der Geldpolitik und das Verhindern einer weiteren Aufwertung des Frankens, wie Hildebrand zuletzt am 20. Januar im Rahmen eines Vortrags hervorgehoben hat. Die SNB entschied daher, bei faktisch Null Zinsen mittels Devisen-Käufen die Liquidität zu erhöhen, um eine weitere Aufwertung des Frankens gegenüber dem Euro zu verhindern und auf diese Weise die Deflationsgefahr zu bekämpfen.

Zentralbanken sind kein kommerzielles Unternehmen, wie Hildebrand mit Recht beschreibt. Der Sinn und Zweck einer Notenbank ist nicht die Gewinnerzielung, und schon gar nicht die Spekulation. In aussergewöhnlichen Situationen sind eine aussergewöhnliche Geldpolitik erforderlich. Die SNB hat die weltweit äusserst schwere Lage richtig erkannt und ihren gesetzlichen Auftrag angemessen wahrgenommen, die Preisstabilität zu gewährleisten und dabei der konjunkturellen Entwicklung Rechnung zu tragen. Preisstabilität gewährleisten bedeutet nämlich, weder Inflation noch Deflation zuzulassen.

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