Dienstag, 1. März 2011

Inflation-Theoretiker

Christina Romers Essay über die Inflationsdebatte im Sog der mengenmässigen Lockerung der Geldpolitik der Fed in NYT ist auf eine grosse Resonanz gestossen. „Sie ist zu nett“, bemerkt Paul Krugman dazu in seinem Blog. Es gibt theoretische Modelle, in denen die monätere Expansion sofort zu Inflation führt. Aber dieselben Modelle besagen auch, dass das, was wir jetzt im Wesentlichen erfahren (eine längere Zeitperiode mit hoher Arbeitslosigkeit, wobei das Lohnwachstum sich verlangsamt, aber die Löhne nicht abstürzen), nicht passieren kann. Um an Inflation Horrorgeschichten zu glauben, muss man also nicht nur ein Theoretiker sein, sondern ein Theoretiker, der an seinen eigenen Theorien glaubt, nicht an seinen lügenden Augen, beschreibt Krugman.


Produktionslücke (1919-1942), Graph: Prof. Christina Romer, „What Ended the Great Depression?“, December 1992.

Und in Wirklichkeit sind die Inflationsfalken nicht auf Modelle angewiesen. Sie hören auf ihr Bauchgefühl: Igitt! Inflation! Gelddrucken! Pfui! Das ist keine rationale Debatte, fasst Krugman zusammen.

Auch Mark Thoma stimmt in seinem Blog Christina Romer zu. Der an der University of Oregon lehrende Wirtschaftsprofessor hat von Anfang an argumentiert, dass die Geldpolitik allein die Produktionslücke und die Beschäftigung nicht schliessen kann und dass auch die Fiskalpolitik eine wichtige Rolle spielt, um die Geldpolitik bei der Stimulierung der Konjunkturerholung zu unterstützen. Thoma hat sich für mehr QE eingesetzt und bei jeder Gelegenheit hervorgehoben, dass die QE2 nicht gross genug war. Thoma hat für eine aggressivere Fiskalpolitik plädiert. Seiner Ansicht nach ist die Fiskalpolitik in schweren Rezessionen machtvoller als die Geldpolitik. Aber wir wissen nicht allzu viel über die Multiplikatoren in normalen Zeiten und wir wissen noch weniger darüber, wie sie in schweren Rezessionen funktionieren. Die meisten Schätzungen der monetären und fiskalischen Multiplikatoren stammen aus Modellen, die den Finanz- und Realsektor nicht sehr gut berücksichtigen und daher einen wichtigen Transmissionsmechanismus in diesem Abschwung verfehlen. Und die Daten, die Analysen zugrunde liegen, rühren von normalen Zeiten her, legt Thoma dar.

Christina Romer spricht in ihrem Essay in NYT mehrere wichtige Punkte an, bemerkt David Beckworth in seinem Blog. Erstens erklärt sie, dass die Geldpolitik fest zuschlagen kann, auch wenn die kurzfristigen Zinsen nahe Null liegen. Zweitens erläutert Romer, warum die US-Geldpolitik angesichts ihres ungenutzten Potenzials nicht viel mehr unternimmt, schildert der an der Texas University in San Marcos lehrende Wirtschaftsprofessor. Romer führt das Scheitern auf eine polarisierende Aufteilung in zwei Arten von Geldpolitikern zurück: Empiriker und Theoretiker. Beckworth ist aber damit nicht ganz einverstanden, weil seiner Ansicht nach damit der Eindruck entsteht, dass alle Empiriker keine zukunftsgerichtete Theorien verwenden, um die Daten zu erfassen. „Weit gefehlt“, bemerkt Beckworth und verweist auf die Messgrösse Kerninflation, auf die Geldpolitiker Wert legen, weil diese einen Indikator darstellt, wohin die Inflation steuert.

Viele Empiriker schauen auf die zukunftsorientierten Messgrössen, die sich in den Preisen von verschiedenen Vermögenswerten finden lassen. Die offensichtlichste ist die erwartete Inflation, die aus der Differenz der Renditen zwischen den nominalen und realen US-Treasury Bonds hergeleitet wird.

Was ist also die Lösung? Christina Romer schlägt eine „Preisniveau-Steuerung“ (price level target) vor. Es wäre eine grosse Verbesserung gegenüber QE2 in Sachen Wirksamkeit und würde mehr langfristige Sicherheit bieten. Eine bessere Alternative wäre ein nominales BIP-Niveau Ziel, fasst Beckworth zusammen.




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