Donnerstag, 17. März 2011

Makroökonomische Folgen von Erdbeben und Tsunami in Japan

Die schreckliche Bilanz der Katastrophe in Japan ist noch nicht klar, sowohl im Hinblick auf die Todesfälle als auch auf die Sachschäden. Die nukleare Krise, die dadurch ausgelöst wurde, entfaltet sich noch, schreibt Ilan Noy in einem Gastbeitrag im Blog Econbrowser. Bemerkenswert ist, dass wir trotz einer Flut von verhängnisvollen Katastrophen über ein begrenztes Wissen über die gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen dieser Ereignisse verfügen, hebt der an der University of Hawai’i lehrende Wirtschaftsprofessor hervor. Bevor man die Auswirkungen erörtert, ist es sinnvoll, zu beachten, dass, während der am häufigsten verwendete Datensatz (EM-DAT) über die Katastrophen zeigt, dass die Häufigkeit der Katastrophen im Laufe der Zeit zugenommen hat, die Zunahme wahrscheinlich auf eine bessere Berichterstattung über die milderen Ereignisse zurückzuführen ist. Wahrlich zeigen die grossen Ereignisse keinen ähnlichen Trend auf, betont Noy.


Koeffizienten (Schätzung) für Kosten von Katastrophen, Graph: Prof. Ilan Noy

Direkte Schäden: Das heisst, die Schäden an Anlagevermögen und Kapital, an Rohstoffen und extrahierbaren natürlichen Ressourcen und v.a. die Mortalität und Morbidität sind i.d.R. in weniger entwickelten Ländern und in Ländern mit einer schwachen institutioneellen Kapazität viel grösser als in Industrieländern, erklärt Noy. Das Erdbeben von Sendai ist vor diesem Hintergrund ungewöhnlich, weil es in einem sehr wohlhabenden Land sehr erhebliche Schäden verursacht hat, einem Land, das i.d.R. sehr gut vorbereitet ist, um solche Ereignisse zu mildern. Obwohl die endgültige Zahl der Todesopfer noch unklar ist, scheint es wesentlich höher zu sein als während des Erbebens von Kobe aus dem Jahr 1995, so Noy.

Indirekte Schäden: Das heisst, die Schäden, die sich aus Naturkatastrophen auf die Auswirkungen auf die Wirtschaftstätigkeit beziehen, insbesondere auf die Produktion von Gütern und Dienstleistungen, die nach der Katastrophe nicht mehr stattfinden. Diese indirekten Schäden dürften durch die direkten Schäden an Infrastruktur verursacht werden, z.B. durch die Schädigung der Fischereiflotte im Gebiet von Sendai. Wenn gross genug, können sich diese Kosten in der Summe in der Gesamtleistung der Wirtschaft ausweisen, gemessen an den wichtigsten makroökonomischen Variablen wie öffentlichen Finanzen, Verbrauch, Investitionen, Handelsbilanz und der Zahlungsbilanz, legt Noy dar.

In Folge von mehreren aktuellen Forschungsprojekten (z.B. der Weltbank) scheint der Nachweis von kurzfristigen Auswirkungen von Katastrophen auf das Wachstum ziemlich klar:

Länder mit einem höheren Pro-Kopf-Einkommen, einer höheren Alphabetisierungsrate und besseren Institutionen sind nicht nur weniger anfällig für die ersten Auswirkungen der Katastrophe, sondern ihre Makroökonomie wird auch weniger betroffen, wie in der Tabelle dargestellt ist. Insbesondere gibt es keine Belege aus den jüngsten Daten, dass sogar grosse Naturkatastrophen jede messbaren nachteiligen Auswirkungen auf die Volkswirtschaft der reichen, entwickelten Länder wie Japan haben. Im Gegensatz werden weniger entwickelte, ärmere Länder mit erheblichen kurzfristigen Kosten von Katastrophen konfrontiert, die sich in erhebliche Einkommensverluste übersetzen.

Im Vergleich zu Forschung der kurzfristigen, indirekten Auswirkungen ist die Literatur im Hinblick auf die langfristigen Auswirkugen von Naturkatastrophen und deren Ergebnisse wenig überzeugend, hält Noy fest.


Zunehmende Häufigkeit von Naturkatastrophen, Graph: Eduardo Cavallo, Sebastian Galiani und Ilan Noy

Wie sieht es mit Japan aus?

Angesichts der vorstehenden Feststellungen kann man schlussfolgern, dass die voraussichtlichen, indirekten Auswirkungen dieses schrecklichen Erbeben/Tsunami Ereignisses auf das Wachstum der japanischen Wirtschaft ganz minimal sein wird, erläutert Noy. Die japanische Regierung und die Japaner haben Zugang zu grossen Mengen an personellen und finanziellen Ressourcen, die in Richtung eines schnellen und robusten Wiederaufbaus ausgerichtet werden können. Es gibt keine Hinweise darauf, dass das Erdbeben bleibende monetäre Auswirkungen haben wird. Diese Beobachtung schliesst jedoch dauerhafte regionale Auswirkungen nicht aus. Es gebe fast keine Forschung zu dieser Frage, hält Noy fest. Aber einige vorläufige Hinweise legen nahe, dass ähnliche grosse Natur-Schocks wichtige regionale Auswirkungen haben können.


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