Freitag, 25. März 2011

Geldillusion: Das Ende der Fed?

Wie versprochen präsentiert David Andolfatto nun eine Fortsetzung (unbedingt lesenswert) seines ursprünglichen Beitrags in seinem Blog. „Ron Paul’s Money Illusion“. Der Zweck seines ursprünglichen Beitrags war, eine Aussage, die als Kritik an der Fed zum Überdruss wiederholt wird, zu kritisieren. Die genannte Aussage ist Ron Pauls Buch „End the Fed“, Seite 25 zu entnehmen.

“One only needs to reflect on the dramatic decline in the value of the dollar that has taken place since the Fed was established in 1913. The goods and services you could buy for $1.00 in 1913 now cost nearly $21.00. Another way to look at this is from the perspective of the purchasing power of the dollar itself. It has fallen to less than $0.05 of its 1913 value. We might say that the government and its banking cartel have together stolen $0.95 of every dollar as they have pursued a relentlessly inflationary policy”.

Der erste Teil der Aussage ist wahr, bemerkt Andolfatto. Er möchte daher darauf nicht näher eingehen. Es fragt sich aber, ob diese Tatsache allein eine Quelle grosser Bestürzung sein soll. Der letzte Satz in dem Zitat ist einfach nur falsch, hält der Vizepräsident der Research Division der Federal Reserve Bank von St. Louis fest.

PS: Ron Paul ist Mitglied der Republikanischer Partei und derzeit Abgeordneter (Texas) im Repräsentantenhaus. Er ist Vorsitzender des Ausschusses im US- Kongress („House Subcommittee“) für die Geldpolitik, der die US-Notenbank beaufsichtigt.


Kaufkraft von US-Dollar (CPI bezogen), Graph: Prof. David Andolfatto, in: MacroMania


Die Abbildung zeigt das inverse Preisniveau (gemessen am Konsumentenpreisindex, CPI): Das normalisierte Preisniveau gilt als 1,00 $ im Jahre 1948. Es fällt auf rund 0,11$ im Jahre 2011. Das bedeutet ein rund neunfacher Anstieg des Preisniveaus oder eine 4,6%ige jährliche Inflation. Es gilt zu beachten, dass die Inflationsrate sich seit 1980 erheblich verlangsamt hat. Solche Abbildungen werden verwendet, um Wut und Angst in der Bevölkerung auszulösen, legt Andolfatto dar. Wut, weil die Fed angeblich 90% unseres Geldes gestohlen hat, und Angst, weil die Kaufkraft des Geldes in nicht allzu fernen Zukunft auf Null geht.


Kaufkraft von US-Dollar (Nominallohn bezogen), Graph: Prof. David Andolfatto, in: MacroMania

Man soll sich aber von einer Abbildung nicht verführen lassen, argumentiert Andolfatto und liefert die folgende Abbildung dazu, in der der inverse Nominallohnsatz (Gesamtlohneinkommen dividiert durch die gesamten Arbeitsstunden) dargestellt wird. Diese Abbildung zeigt die Kaufkraft des US-Dollars, wobei die Kaufkraft jetzt als Arbeitsproduktivität anstatt in Gütern gemessen wird. Sie zeigt, dass man heute viel mehr Geld benötigt als im Jahre 1948, um eine Stunde Arbeit zu kaufen. M.a.W. besagt der Graph, dass der Nominallohnsatz in den USA im Durchschnitt seit 1948 um einen Faktor von 25 zugenommen hat. Ist dies ein Grund zur Beunruhigung? Nein. In der Tat gibt es wenig, was man aus der Abbildung schliessen kann, weil es sich dabei um nominale Variablen handelt. In Abwesenheit von Geldillusion (money illusion) pflegen Menschen sich um reale Variablen zu kümmern, nicht um nominale Variablen. Daher verbindet Andolfatto jetzt die beiden Abbildungen (beide invers mit dem Preisniveau und dem Nominallohn 1,00$ im Jahre 1948, PS: Der tatsächliche Nominallohnsatz betrug damals 1,43$) und erhält die folgende, neue Abbildung:


Nominallöhne und Preise, Graph: David Andolfatto, in: MacroMania

Demnach ist das Preisniveau (CPI) seit 1948 um einen Faktor von 10 gestiegen. Der Nominallohnsatz im Durchschnitt ist um einen Faktor von 25 geklettert. Das bedeutet, dass die Reallöhne (d.h. Nominallöhne dividiert durch das Preisniveau) mit einem Faktor von 2,5 seit 1948 gestiegen sind. Das ist zweifellos eine gute Sache, legt Andolfatto dar, weil es impliziert, dass die Arbeit mehr Güter und Dienstleistungen herstellen und kaufen kann. Mehr Leistung (output) bedeutet eine Zunahme des materiellen Wohstands.

Geldpolitiker unterscheiden zwischen Geldbasis (base money, d.h. Notenbankgeldmenge), Geldmenge (broad money, d.h. M2) und Wohlstand (wealth). Der Laie i.d.R. macht keinen Unterschied zwischen „Geld“ und „Reichtum“. Reichtum (Wohlstand) ist in Dollar denominiert. Aber das bedeutet nicht, dass alle Vermögen in Form von Dollar (das meiste davon ist in Form von Sachkapital) sind. Die meisten Leute interpretieren „Dollars“ in dem oben zitierten Abschnitt im Sinne von „Reichtum“. So die Aussage behauptet, dass die Fed die Verantwortung dafür trägt, 95% unseres Reichtums gestohlen zu haben. Das ist eine absurde Behauptung.

Ist es wahr, dass etwas 95% seines Wertes seit 1935 verloren hat? Was genau ist es aber? Es ist der ausstehende Bestand an Geldbasis (base money) im Jahre 1913. Ein Dollar, der z.B. gestern erzeugt wurde, hat nicht 95% seines Wertes von heute verloren. Die Geldmenge (money stock) von 1913 macht nur einen winzigen Bruchteil unseres gesamten Vermögens aus, erklärt der an der Simon Faser University, Canada lehrende Wirtschaftsprofessor. Darüber hinaus ist sie seit mehr als 100 Jahren im Umlauf (ein Grossteil davon wird von den Banken selbst in Form von Rücklagen gehalten), wobei der Verlust ihrer Kaufkraft über unzählige Menschen, Agenturen und Generationen verbreitet ist. Ferner: Es bleibt wahr, dass die Inflation eine Steuer darstellt. Seigniorage (d.h. die Einnahmen aus dem Monopol zur Ausgabe von Notenbankgeld) bezieht sich auf die Kaufkraft des Staates, Geld zu schaffen. Seigniorage (Münzgewinn sind die von der Notenbank erzielten Netto-Erträge, die durch die Emission von Bargeld entstehen) wird manchmal auch eine Inflationssteuer (hier in English) genannt. Was die Steuern betrifft, sind der Münzgewinn in den USA kleine Kartoffeln. Die Seigniorage stellt nur einen Bruchteil der Einnahmen des Staates dar. Ein Grossteil davon kommt in Form von direkten Steuern.

Fazit: Das Argument, dass die Geldentwertung die armen, einfachen Sparer und den Menschen auf der Strasse, den Lohnempfänger trifft, ist weitgehend übertrieben. Die Behauptung, dass die Fed 95 Cents von jedem Dollar gestohlen hat, ist absurd. „Es gibt legitime Kritik, die man an den monetären Institutionen dieses Landes ausüben kann, aber diese sind keine davon“, fasst Andolfatto zusammen. 

Keine Kommentare: