Sonntag, 16. Januar 2011

Ist die EWU ein OCA oder nicht?

Die Probleme entladen sich zwar an der Peripherie, aber die EWU (Europäische Währungsunion) ist eigentlich im Kern erschüttert. Inzwischen wird sogar die Beständigkeit der Gemeinschaftswährung infrage gestellt. Vor diesem Hintergrund hat Paul Krugman einen langen Artikel („Can Europe Be Saved?“) für das Magazine von NYT geschrieben, der jetzt auch online (gratis) verfügbar ist. Es ist bemerkenswert, dass Krugman drin den Ausdruck OCA (optimum currency area) nicht benutzt, obwohl die OCA-Theory (Theorie der optimalen Währungsräume) im Mittelpunkt des Artikels steht. Der Träger des Wirtschaftsnobelpreises (2008) gesteht jetzt in seinem Blog, dass seine Ansichten sich wenigsten einbisschen verlagert haben: (1) Die Theorie des optimalen Währungsraums geht auf Robert Mundell zurück. Mundell hat v.a. die Arbeitsmobilität (labor mobility) hervorgehoben. Ironischerweise wird er als „Vater des Euros“ genannt, obwohl sein Modell dringend nahelegt, dass Europa kein optimaler Währungsraum ist.

Es gibt allerdings auch noch andere Dinge zu beachten: (2) Ronald McKinnon hat den Offenheitsgrad als Faktor betont, um die Anpassung zu erleichtern. Die Rede ist vom Anteil der gehandelten Waren in einer Wirtschaft. Krugman ist jedoch der Ansicht, dass der Anteil der nicht-gehandelten Waren in Wertschöpfung auch in sehr kleinen Volkswirtschaften recht gross ist. (3) Peter Kenen hebt ferner fiskalische Integration hervor.

Die Mobilität der Arbeitskräfte ist in Europa zwar gestiegen, nicht auf ein Niveau der USA. Die Finanzkrise hat sich jedoch, wenn auch nicht auschliesslich, zum grössten Teil als einen fiskalischen Schock manifestiert, was Kenens Ansatz relevant macht, erklärt Krugman. Es gibt zwar Finanztransfers innerhalb Europas, über den Kohäsionsfonds und die gemeinsame Agrarpolitik. Aber sie sind laut Krugman trivial im Vergleich zu zwischenstaatlichen Transfers in den USA.

Fazit: Kenen > Mundell, zumindest für Europa, fasst der an der Princeton University lehrende Wirtschaftsprofessor zusammen. Seine Schlussfolgerung lege aber nahe, dass es eher möglich sei, Euro zum Funktionieren zu bringen, als er bisher zu denken gepflegt habe. Eine Integration des Arbeitsmarktes in Europa ist im amerikanischen Stil nicht möglich, da es keine gemeinsame europäische Sprache gibt. Eine fiskalpolitische Integration könnte aber dafür sorgen, so der Autor des grossartigen Buches „The Return of Depression Economics and the Crisis of 2008“.


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