Donnerstag, 6. Januar 2011

Einkommensumverteilung: Schlüssel für Wirtschaftswachstum?

Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs bis in die 1970er Jahre war der wachsende Wohlstand in den USA weit über Einkommensgruppen verteilt. Doch seit den 1970er Jahren erfahren die Haushalte am unteren Ende der Einkommensverteilung stagnierende Einkommen: Der reale durchschnittliche Stundenlohn (real average hourly earnings, ohne Nebenleistungen) verharrt heute auf dem Niveau des Jahres 1974, während diejenigen an der Spitze der Einkommensverteilung recht gut fahren. Das Ergebnis: immer grösser werdende Einkommensungleichheit.

Ist Einkommensumverteilung möglicherweise der einzige Weg, um sicherzustellen, dass die Gewinne aus dem Wirtschaftswachstum nicht nur denjenigen an der Spitze, sondern jedem Menschen zu Gute kommen? Mit dieser Frage befasst sich Mark Thoma in einem lesenswerten Essay („Income Redistribution: The Key to Economic Growth?“) in The Fiscal Times.

„Ungleichheit ist bereits hoch und wenn sie weiter wächst, wird ein Punkt erreicht, wo sie moralisch untragbar wird“, bemerkt Thoma. Es gibt Hinweise, dass soziale Missstände wie Ungleichheit sich weiter ausdehnen. Es gibt ökonomische Gründe, sich damit zu beschäftigen, argumentiert der an der University of Oregon lehrende Wirtschaftsprofessor. Es gibt ein Äquivalent einer Laffer-Kurve (Laffer Curve) für Ungleichheit. Das Interesse aber unterscheidet sich im Hinblick auf das Wirtschaftswachstum, nicht auf die Steuereinnahmen, beschreibt Thoma. Es ist wohlbekannt, dass eine Gesellschaft mit vollkommener Gleichheit nicht schnellstmöglichst wachsen kann. Wenn alle dengleichen Anteil an Einkommen haben, verlieren die Menschen den Anreiz, zu versuchen, voranzukommen. Wir wissen auch, dass eine Gesellschaft, in der eine Person fast alles hat, während alle anderen ums Überleben kämpfen (die ungleiche Verteilung des Einkommens, die je vorstellbar ist), auch nicht mit schnellstmöglicher Geschwindkeit wachsen kann. Das wachstumsmaximierende Niveau der Ungleichheit muss also irgendwo dazwischen liegen, legt Thoma dar.

Er habe nie für eine Umverteilungspolitik plädiert, es sei denn, um Verzerrungen in der Verteilung des Einkommens, welche aus Marktversagen, politischer Macht, Vermächtnissen oder sonstigen Hindernissen für einen fairen Wettbewerb und Chancengleicheit herrühren, zu korrigieren, so Thoma. Der beste Ansatz sei, das Spielfeld zu nivellieren, sodass jeder die gleiche Chance hat. „Wenn wir das tun können, ein Ideal, von dem wir weit entfernt sind, dann sollten wir das Ergebnis als fair akzeptieren“, ist Thoma überzeugt. Zudem werden die Menschen unter diesem Ansatz nach ihren Beiträgen belohnt. Und das Wirtschaftswachstum ist wahrscheinlich am höchsten, bemerkt Thoma weiter. Er ist aber der Ansicht, dass, selbst wenn wir das heimische Spielfeld nivellieren, die Stagnation der Löhne und das Problem der Ungleichheit nicht gelöst werden. Einkommensumverteilung scheint daher die einzige Antwort zu sein, so Thoma.

Der Rest der Welt verfügt über ein riesiges Angebot an überschüssige Arbeitskräfte und es entwickelt sich rasant. Solange die Entwicklungsländer sich weiterhin auf überschüssige Arbeitskräfte stützen können, um die Wirtschaftstätigkeit zu erweitern, wird es wenig Druck geben, um die Löhne zu steigern und die Arbeiter in den USA werden sich weiter abquälen, erklärt Thoma. 

Fazit: Die Märkte scheinen nicht in der Lage, dieses Problem auf eigene Faust zu lösen, zumindest nicht in einem angemessenen Zeitrahmen. Manche Leute sagen, dass die Anwort die Bildung ist. Dennoch bleiben aber Probleme bestehen. „Wenn wir eine wachsende und sozial gesunde Wirtschaft erhalten wollen und vermeiden, zu einem niedrigen Wachstumspunkt auf der Kurve Ungleichheit zu rutschen, dann müssen wir viel mehr Einkommen umverteilen als wir es in den letzten Jahrzehnten getan haben“, fasst Thoma zusammen.


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