Montag, 17. Januar 2011

US-Staatsverschuldung: Was soll der Präsident tun?

Im amerikanischen Haushalt hängt der Segen krisenbedingt schief. Die Staatsausgaben liegen deutlich über den Einnahmen. Die Staatsschulden belaufen sich mittlerweile auf 14'000 Mrd. US-Dollar. Die  Schuldenobergrenze war vor einem Jahr auf 14'300 Mrd. US-Dollar gesetzlich festgelegt worden. Selbst mit einer kräftigen Erholung der Wirtschaft lautet die Projektion nach der gegenwärtigen Politik auf ein hohes Defizit von mehr als 6% des BIP bis 2020. „Halten die steigenden Kosten im Gesundheitswesen und in der Altersversorgung der Baby-Boomer mit voller Wucht an, dürfte das Haushaltsdefizit auf mind. 15% des BIP klettern. Solche Defizite sind nicht nachhaltig. Ab einem gewissen Punkt, wahrscheinlich bereits vor 2025 würden die Investoren revoltieren und die USA wären nicht mehr in der Lage, sich Geld zu besorgen“, schreibt Christina Romer in einem aktuellen Essay („What Obama Should Say About the Deficit“) in NYT am Sonntag. „Wir wären Argentinien des 21. Jahrhunderts“, so die an der University of California, Berkeley lehrende Wirtschaftsprofessorin. Präsident Obama muss die Realität umschliessen. Seine Wiederwahl hängt vom Haushaltsproblem ab, bemerkt Romer. Was soll aber der Präsident tun?

Der Präsident soll vorerst deutlich machen, dass die Problematik Ausgaben und Steuern in den nächsten Jahrzehnten betrifft, nicht die Ausgaben im Jahr 2011. Die Republikaner im Kongress plädieren dafür, nicht-militärische und diskretionäre Ausgaben 2011 um 100 Mrd. $ zu kürzen. Ein solcher Schritt würde die fundamentalen Treiber des Haushaltsproblems nicht angehen und der Wirtschafte schaden, die sich gerade zu erholen beginnt“, beschreibt Romer. Stattdessen solle der Präsident wesentliche Ausgabenkürzungen entwerfen, die in den nächsten Jahrzehnten in Kraft treten, was er als Gesetz im Jahr 2011 unterzeichnen würde, erklärt die ehem. Chairwoman von Council of Economics Advisers des Präsidenten. Anerkannte Analysten über das ideologische Spektrum hinaus sind sich einig, dass die steigenden Gesundheitskosten die grösste Quelle der beängstigenden langfristigen Defizitprojektionen sind. Deshalb will der Präsident mit Gesundheitsreform die Kosten unter Kontrolle bringen. Er soll versprechen, dass er gegen eine Aufhebung des Gesetzes nicht Veto einlegen werde. Aber er soll dafür kämpfen, die Kostenkompenente des Mechanismus zu stärken.

„Präsident Obama muss erklären, dass es keinen Weg gibt, während die Kürzungen schmerzhaft bleiben, um das Budget-Problem ohne gemeinssame Opfer zu lösen. Gleichzeitig soll er eine eindringliche Unterstützung für Investitionen in Infrastruktur, Forschung & Entwicklung und Bildung bekanntgeben, um die Produktivität zu erhöhen, was unseren Lebensstandard und die Haushaltssituation im Laufe der Zeit verbessern würde“, legt Romer weiter dar. Der Fiscal Commission folgend soll Präsident sicherstellen, dass die Ausgabenkürzungen nicht mit Benachteilungen zusammenfallen.

Schliesslich muss der Präsident über die Notwendigkeit von mehr Steuereinnahmen ehrlich sein. Selbst mit fetten Ausgabenkürzungen wird es ein hohes Defizit geben. „Der einzig realistische Weg, um die Lücke zu schliessen, ist die Erhöhung der Steuereinnahmen. Einiges davon kann und soll von höheren Steuern für die Reichen kommen. Aber da es weit mehr Familien aus der Mittelschicht gibt als Wohlhabende, muss ein Grossteil der zusätzlichen Mittel von den gewöhnlichen Menschen stammen“, so Romer. „Beschränkt man die Ausnahmen der vom Arbeitgeber geleisteten Zusatzleistungen, dürften sich weitere Vorteile ergeben, dass Unternehmen und Arbeitnehmer kostenbewusster über das Gesundheitswesen werden“, argumentiert Romer.

Ein weitere Massnahme, um Einnahmen zu erhöhen, ist eine Steuer auf umweltschädliche Energie zu erheben. Eine schrittweise Erhöhung der Benzin-Steuer würde zu höheren Einnahmen und Entwicklung sauberer Energiequellen führen. Eine breitere Kohlendioxid-Steuer wäre noch besser, hält Romer fest.

Fazit: „Keine dieser Veränderungen sollen sofort realisiert werden. Angesichts einer Arbeitslosenquote von 9,4% und einer durch mangelnde Nachfrage gefesselten Wirtschaft wäre es herzlos und kontraproduktiv, 2011 zu Sparmassnahmen (fiscal austerity) überzugehen“, fasst Romer zusammen.

PS: Die Social Security ist dabei die Wildcard. Obwohl sie von den wichtigsten zugrunde liegenden Ursachen des Haushaltsproblems weit entfernt ist, ist sie ein leichtes Ziel. „Die jüngste Einigung auf die Verlängerung der Steuersenkungen hat einen grösseren Einfluss auf den Haushalt als der prognostizierte Fehlbetrag in Social Security“, wie Mark Thoma in seinem Blog zu Recht dazu bemerkt.

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