Weist Paul Krugman darauf hin, dass die Anleihemärkte in der Tat nicht sofortige Sparmassnahmen fordern, wird er mit dem „Vorwurf“ konfrontiert, dass er wohl jetzt daran glaube, dass die Märkte doch perfekt sind. Dem ist es aber nicht so, bemerkt Nobelpreisträger in seinem Blog. Der Ausgangspunkt der Argumentation ist, dass die Märkte nicht nach sofortigen Sparmassnahmen (fiscal austerity) rufen sollten, erklärt Krugman. Weil die langfristigen Auswirkungen der kurzfristigen Haushaltsdefizite relativ klein sind. Die Beweiskraft liegt daher auf der anderen Seite, zu zeigen, dass die Märkte etwas fordern, was sie nicht sollten. Zum besseren Verständnis und zur Veranschauung bietet Krugman den folgenden Dialog:
Stimulist: Ja, langfristige Fiskalfrage ist von Bedeutung. Aber was wir jetzt ausgeben, ist irrelevant für diese Frage. Eine Billion Dollar Ausgabe erhöht die realen Zinskosten weniger als 1% des BIP. Und es kommt der langfristigen fiskalischen Lage zu Gute, weil dadurch ein dauerhafter Verlust des Produktionspotenzials (potential output) vermieden wird.
Austerian: Nein, wir müssen das Haushaltsdefizit sofort kürzen, um Anleihemarkt zu befriedigen.
Stimulist: Aber der Anleihemarkt fordert doch keine sofortigen Kürzungen. Der Markt scheint ganz unbekümmert wegen des aktuellen Defizits.
Austerian: Aber ich weiss, was der Bondmarkt will, unabhängig davon, was er jetzt sagt.
Die Stimulisten sagen also, dass die Fundamentaldaten OK aussehen, und es gebe keinen ersichtlichen Grund, die Fundamentaldaten zu bezweifeln. Die Austerians sagen, dass wir wirtschaftlich einer irrationalen Politik folgen, um die Nachfrage zu decken, welche die Märkte nicht tun sollten und in der Tat nicht tun.
Im Übrigen verweist Krugman in diesem Zusammenhang auf eine Arbeit von Stan Collender über den Anleihemarkt. „Ich wünsche, ich hätte den Artikel geschrieben. Ein höheres Lob kann ich nicht anbieten“, bemerkt er noch dazu. Collender argumentiert, dass „der Bondmarkt jetzt mindestens so ein starkes Signal gibt über die geschwünschte Fiskalpolitik wie damals in den frühen 1990er Jahren“. Aber anstatt Forderungen nach Kürzungen des Defizits und der staatlichen Kreditaufnahme und Drohungen für höhere Zinsen, falls das alles nicht passiere, sagen Bond Vigilantes von heute genau das Gegenteil. Sie wollen, dass Washington mehr tut, um die Wirtschaft anzukurbeln, und sie begrüssen das Defizit und die Verschuldung, die notwendig sind, um die Stimulierung zu verwirklichen. „Mit anderen Worten wurden ehemalige Bond Vigilantes jetzt die grössten Unterstützer der öffentlichen Keditaufnahme. Ich werde in Yardeni’s Fussstapfen treten und sie Cheerleaders der Anleihemärkte nennen“, erläutert Collender.
Krugman ergänzt, dass diejenigen, die nach „Fiscal Austerity jetzt jetzt jetzt!“ rufen, eine nüchterne Stimme darstellen, die die Regierungen warnt, das Diktat der allmächtigen Finanzmärkte nicht zu ignorieren. Aber die Signale von den Finanzmärkten deuten überhaupt nicht auf eine Notwendigkeit von Sparmassnahmen. „Was die Befürworter der fiskalischen Sparmassnahmen in der Tat sagen, ist, dass sie klüger sind als die Investoren am Anleihemarkt. Sie wissen, was sich der Anleihemarkt wünschen werde, es aber noch nicht wisse. Und auf dieser Grundlage verlangen sie von uns, dass wir das Schicksal von Millionen von arbeitslosen Menschen ignorieren“, fasst Krugman zusammen.
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