Eine zentrale Lehre aus der Grossen Depression war, dass die Volkswirtschaftten, in tiefen Rezessionen stecken, auf eigene Faust sich selten schnell erholen. Die Verbraucher geben kein Geld aus, weil besorgt sind, ihre Jobs zu verlieren, falls sie sie noch nicht verloren haben und sie sind damit beschäftigt, ihre Schulden zu zahlen. Die Unternehmen investieren nicht, weil sie bereits über genügend Kapazitäten verfügen, um bestehende Nachfrage zu befriedigen. Was übrig bleibt, ist der Staat. Der Staat ist der einzig verbliebene Akteur mit Mitteln und Motiv, die Gesamtausgaben erheblich zu erhöhen, schreibt Robert Frank in einem lesenswerten Essay („A Gift the Wealthy Don’t Need“) in NYT. Doch, als im Jahr 2009 das Konjunkturprogramm im Kongress vorgeschlagen wurde, bestanden viele Menschen darauf, dass die zusätzlichen Ausgaben nichts nützen würden. Sie argumentierten, dass die Aussicht auf grosse Haushaltsdefizite die Verbraucher veranlassen würde, mehr zu sparen, um höheren Steuern in Zukunft zu begegnen. Das würde jede Stimulanz wettmachen.
Das mag zwar für manche Verbraucher zutreffen, aber die meisten hatten nicht annähernd genug gespart, damit anzufangen, erklärt Frank. Warum sollte aber eine vage Bedrohung vor höheren Steuern irgendwann zu einem späteren Zeitpunkt die Konsumenten zwingen, mehr zu sparen? Die Konjunkturstimulierung war viel kleiner als die Nachfragelücke, die man als Ziel anpeilte. Und jetzt, während das Konjunkturprogramm auszulaufen beginnt, gibt es beunruhigende Anzeichen dafür, dass der Aufschwung ins Stocken gerät, erläutert der an der Cornell University lehrende Wirtschaftsprofessor. Die Stimulus-Gegner, die meisten Republikaner im Kongress und eine Handvoll Demokraten beginnen, Kürzungen für Programme wie Essensmarken und Medicare zu befürworten. Sie blockieren die Erweiterung der Unterstüzung der Langzeitarbeitslosen und sie haben sich europäischen Defizit-Falken angeschlossen, die eine sofortige Kürzung der Staatsausgaben fordern, legt Frank dar. Die Stimulus-Gegner wollen aber jetzt die von Präsident Bush eingeführten Steuersenkungen, die Ende Jahr auslaufen, verlängern lassen. Fast alle professionellen Ökonomen glauben, dass die Steuerkürzungen bereits die Staatsverschuldung um Hunderte von Milliarden Dollar erhöht haben. Selbst Alan Greenspan, der die Steuersenkungen als Vorsitzender der Fed unterstützt hat, hat sich neulich öffentlich gegen die Ausdehnung der Steuersenkungen gesetzt. Die Obama-Regierung will die Steuersenkungen für Familien mit einem Jahreseinkommen von mind. 250'000 $ pro Jahr und für Personen mit einem Jahreseinkommen von mind. 200'000 $ pro Jahr beseitigen. Warum wollen aber die Gegner der Konjunkturstimulierung die Steuersenkungen beibehalten? Bitte festhalten: Weil die Konjunktur zusätzliche Stimulierung braucht, sagen sie. Was wollen aber die Stimulus-Gegner eigentlich damit? Das verbindende Element in ihren widersprüchlichen Empfehlungen ist, den Geltungsbereich des Staates einzudämmen. Neutrale Beobachter dürften davon ausgehen, dass es sich dabei um die neusten Salven in einer langjährigen Strategie „die Bestie aushungern“ („starve the beast“) handelt.
Fazit: Steuerentlastungen führen nicht zu einem höheren Wirtschaftswachstum. Die Annahmen, die dazu zugrunde liegen, sind irreführend. Die Ideologie, die dahinter steckt, ist gescheitert. „Um die laufenden Staatsausgaben zu unterstützen, ohne das Defizit mehr als nötig zu belasten, müssen wir die Steuersenkungen für die Reichen wie geplant auslaufen lassen“, fasst Frank zusammen.
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