Inflationistas sind im Jammertal. Die Rendite der Bundesanleihen mit 30 Jahren Laufzeit ist erstmals unter die Marke von 3% gefallen. Die Rendite von 2,96% markiert ein Rekordtief. Die Vebraucherpreise in Deutschland dürften in diesem Jahr 0,9% betragen, schätzt der Internationale Währungsfonds (IWF). Das wäre weniger als die Hälfte des Durchschnitts seit 1980. Die Gefahr der Deflation ist indes viel realer als das Risiko der Inflation. Die reale Rendite der 10-jährigen Bunds beläuft sich gegenwärtig auf 0,64%. Im Vergleich betrug sie im Januar 2000 rund 2,03%. Verbraucher haben im Vorjahr weltweit 5,5% ihres verfügbaren Einkommens gespart. In Deutschland kletterte der Wert im vergangenen Jahr auf 11,4%. Während private Haushalte sparen, horten Unternehmen cash. Für die Zentralbanken wird es vor diesem Hintergrund schwieriger, die Wirtschaft zu stützen, zumal die aggregierte Nachfrage zusammenbricht.
30 Jahre Deutsche Bundesanleihen, Rendite, Graph: Bloomberg.com
Während die Zentralbanken darüber debattieren, ob das Double-dip Risiko grösser wird, fallen die Rendite am Anleihemarkt weiter. Die Fed stellt immerhin ansatzsweise Überlegungen an, durch die Wiederanlage der Erlöse aus der fällig gewordenen MBS (hypothekenbesicherte Anleihen) in langfristige US-Treasury Bonds, zumindest die Kreditmärkte zu entspannen, stellt sich die EZB auf den Standpunkt, dass Konjunkturpakete nicht nur keine Wirkung haben, sondern der Wirtschaft schaden, weil öffentliche Ausgaben ineffizienter sind als private Ausgaben. Schuldenfinanzierte Ausgaben verdrängen laut EZB private Ausgaben, indem sie die Zinsen in die Höhe treiben und private veranlassen, in Erwartung höherer Steuern in Zukunft mehr zu sparen.
Die Realzinssätze für langfristige Staatsanleihen sind aber bereits nahe Null. Niemand, der Inflation erwartet, würde heute Anleihen kaufen. Es ist also eine Illusion, zu glauben, dass die sog. Bond Vigilantes zuschlagen würden. Da die Investoren von Staatsanleihen nicht damit rechnen, dass die Preise der Anleihen mehr oder weniger unbegrenzt steigen, kann keine Rede von einer Blase auf dem Markt für Staatsanleihen sein. Die Investoren von Staatspapieren erwarten, dass ihr Bestand an Staatsobligationen weiterhin der sichere Ort ist, um das Geld zu parken, wie Brad DeLong einleuchtend darlegt, weil andere Anlageklassen als zu riskant wahrgenommen werden. Investoren am Bondmarkt sind also keineswegs alarmiert, dass eine Blase zu platzen droht.
Wenn Ängste vor „ungesunden Staatsfinanzen“ irrational sind, warum nimmt die EZB ihre Pflicht nicht wahr, um solchen irrationalen Vorstellungen in der Wirtschaft entgegenzutreten, anstatt sie nicht noch zu verstärken?“, wie Robert Skidelsky in einem lesenswerten Essay („Fixing the Right Hole“) in Project Syndicate bemerkt. Die Argumente der EZB sind das letzte intellektuelle Aufgebot.
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