Mittwoch, 18. August 2010

Warum Wachstum gut ist

Wirtschaftswachstum verlangsamt sich in den USA. Auch in Japan, Frankreich, Grossbritannien, Italien, Spanien und Kanada. Sogar in China. Die Wirtschaft wird sich wahrscheinlich auch in Deutschland verlangsamen, schreibt Robert Reich in einem lesenswerten Essay („Why Growth Is Good“) in Huffington Post. Wenn die Regierungen ihre Haushalte kürzen, während Verbraucher fast überall immer vorsichtiger agieren, Geld auszugeben, wird die globale Nachfrage so weit fallen, bis weltweit ein Dip unvermeidbar ist, bemerkt der ehem. Arbeitsminister der Clinton-Regierung. Warum brauchen wir aber mehr Wirtschaftswachstum überhaupt? Die Antwort ist, dass es beim Wirtschaftswachstum nicht um mehr Zeug geht. Wachstum unterscheidet sich vom Verbrauch. Wachstum handelt von der Kapazität einer Nation, alles, was von den Einwohnern gebraucht und gewünscht ist, herzustellen. Das schliesst besseren Umgang mit der Umwelt sowie Verbesserung der öffentlichen Gesundheit und bessere Schulen ein. Das BIP ist eine grobe Messung. Es ist ein Leitfaden, erklärt Reich.

Ärmere Länder sind i.d.R. stärter belastet als reichere, weil sie nicht über die Kapazität verfügen, ihr Volk zu ernähren, mit Kleidung zu versorgen und das Land, die Luft und das Wasser sauber zu halten. „Im Streben nach Ressourcen haben reiche Länder öfters arme Länder verwüstet, ihre Wälder zerstört, ihr Land erodiert, ihr Wasser verschmutzt. Das ist unerträglich, aber es ist nicht ein Armutszeugnis des Wachstums selbst“, hält der an der University of California, Berkeley lehrende Wirtschaftsprofessor fest. Wachstum ist nicht auf Beute angewiesen. Die reichen Nationen haben die Fähigkeit, Ressourcen verantwortungsvoll zu extrahieren. Dass sie das nicht tun, ist ein Mass für ihre Verantwortungslosigkeit und die Schwäche des Völkerrechtes, argumentiert Reich. Wie eine Nation ihre Produktionskapazitäten nutzt, ist eine andere Sache. China wird beispielsweise eine reiche Nation, die sich leisten kann, mehr aus ihrer Fähigkeit, der Umwelt und ihren eigenen Konsumenten zu widmen.

Schnelleres Wachstum fettet den Weg zu mehr Chancengleichheit und einer breiteren Verteilung der Gewinne. Die Wohlhabenden akzeptieren leichter einen kleineren Anteil an Gewinnen, weil sie trotzdem vorwärts kommen als zuvor, erklärt Reich weiter. Langsames Wachstum hat die umgekehrte Wirkung. Da wirtschaftliche Gewinne klein sind, kämpfen die Reichen härter, um ihre Anteile zu behalten. Die Mittelschicht, die bereits durch die hohe Arbeitslosigkeit und stagnierende Löhne belastet ist, kämpft immer wütend gegen jede zusätzliche Belastung, darunter Steuererhöhungen zur Verbesserung der öffentlichen Unterstützung. Die Armen sind dann schlechter dran als davor. Es ist ein Teufelskreis. „Niemand sollte langsames Wachstum feiern, Wenn wir in eine Periode des langsameren Wachstums geraten, könnten die Folgen noch schlimmer werden“, fasst Reich zusammen.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Welche Regierungen kürzen das Budget?? Bisher haben wir in den letzten Jahren nichts als ein groteske und asoziale Aufblähung der Etats gesehen.Immer zugunsten des Militärbudgets, zugunsten der Banken und anderer Klientel.
Man kann sich vorstellen,daß diese Art von Wachstum vom Volk nicht goutiert wird.Nicht nur in der Physik gibt es eine Sprungtemperatur.
Oder wie man es früher sagte : von Zeit zu Zeit ist es notwendig die Suppe umzurühren wenn sich das Fett oben abgesetzt hat.

Faam