Die Frage ist, ob es einen Zusammenhang zwischen Deregulierung und wirtschaftlicher Ungleichheit und der Instabilität im Finanzsektor gibt? Hängen diese Dinge zusammen? David A. Moss war überrascht, wie er selbst erzählt, nachdem ein Kollege ihm zwei verschiedene Abbildungen überlagerte, wobei in der einen Finanzregulierung und Bankpleiten und in der anderen der Trend in der Einkommensungleichheit abgetragen waren. Moss war überrascht, zu sehen, wie sich die Einkommensunterschiede zwischen Arm und Reich vergrössern, wenn staatliche Regulierungen gelockert werden und die Anzahl der Bankpleiten steigt. Es gibt eine erstaunliche Korrelation, räumt der an der Harvard University lehrende Wirtschaftsprofessor ein. Moss gehört zu einer kleinen Gruppe von Ökonomen, Soziologen und Juristen, die nun versuchen, herauszufinden, ob die Einkommensungleichheit zu Finanzkrisen beiträgt, berichtet New York Times in der Sonntagsausgabe. Sie haben jetzt eine neue Datenbank: Die jüngste Bankenkrise. Es gibt nur eine Parallele in den USA: Börsenkrach von 1929.
Im Jahre 1928 erhielt die oberste 10% der Erwerbstätigen 49,29% des Gesamteinkommens. 2007 verdiente die Top 20% einen auffallend ähnlichen Prozentsatz: 49,74%. 1928 erhielt die obersten 1% 23,94% des Einkommen. 2007 erhielt diese 23,5%. Prof. Moss und seine Kollegen wollen wissen, ob riesige Einkommensunterschiede falsche Anreize schaffen, was das Finanzsystem Gefahr aussetzt. Wenn ja, könnten ihre Erkenntnisse ein Argument für Steuer- und Sozialpolitik sein, um die Einkommensschere zu schliessen und für eine stärkere Regulierung der Wall Street zu plädieren. Konservative Ökonomen weisen dies ab. Glenn Hubbard beispielsweise, ein Wirtschaftsberater des ehem. Präsidenten George W. Bush, sagt, dass Einkommensungleichheit nicht die Ursache der jüngsten Finanzkrise sei. „Autos fahren jedes Jahr schneller und das BIP steigt jedes Jahr. Das bedeutet nicht, dass Geschwindigkeit das BIP antreibt“, bemerkt Hubbard lakonisch, der an der Columbia Business School tätig ist, in seinem neuen Buch: „Seeds of Destruction“. Richard Freeman, Ökonom an der Harvard, hat etwa 125 Finanzkrisen rund um den Globus in den vergangenen 30 Jahren verglichen. Er sagt, dass die Ungleichheit vor vielen dieser Krisen gestiegen ist und fügt hinzu, dass die Daten aus verschiedenen Ländern schwer zu vergleichen sind. Prof. Freeman sagt weiter, dass manche Orte, wie skandinavische Länder, wo es Krisen ohne viel Ungleichheit gab, nahelegen, dass andere Faktoren wie Deregulierung die besten Erklärungen liefern können. Moss sagt, das die Einkommensungleichheit die Verbindung zu Finanzkrise verkompliziert hat. Zum Beispiel Ungleichheit, wo in die Hände der Titanen der Wall Street zu viel Macht gelegt wird, was sie ermächtigt, Strategien zu entwickeln, die ihnen zu Gute kommen, wie die Deregulierung. Das könnte das System in Gefahr bringen, erläutert Moss. Ungleichheit kann die Menschen am unteren Ende der Leiter zu Entscheidungen veranlassen, die das System in Gefahr bringen. Haushalte mit niedriegem Einkommen könnten sich Hypotheken besser leisten, wenn es keine Einkommensunterschiede gäbe.
Hubbard folgt einem anderen Ansatz. Er behauptet, dass viele Hausbesitzer mit niedrigem Einkommen keine Hypotheken beantragen sollen. Die jüngste Krise sei von Politikern ausgelöst worden, die das Kreditwesen demokratisieren wollten, indem sie die Wohneigentumsförderung ausgebaut haben. Wissenschaftler, die Ungleichheit studieren, setzen den Mensch am unteren Rand in den Mittelpunkt. Moss sagt aber, dass die Anreize für die Leute an der Spitze mehr Aufsicht und Kontrolle verdient. Margaret Blair, von der Vanderbilt University untersucht, ob Finanzaktuere Blasen und hochgradig fremdfinanzierte Anlagen unbewusst fördern, weil Blasen am Finanmarkt öft zu höheren Renditen führen, weshalb sie das Potenzial haben, mehr davon zu erzeugen. Und dieses Verhaltensmuster beeinflusst ihre Trading-Strategien und die Politik, die sie fördern. Solche Entscheidungen treiben wiederum noch grössere Einkommensungleichheit an.
Nach dem Crash von 1929 hat sich die Einkommensschere drastisch verringert und sie blieb für Jahrzehnte niedrig, v.a. wegen des Vermögensverlustes an der Spitze. Die Finanzreformen in den 1930er Jahren haben die Wall Street im Zaum gehalten.
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