Dienstag, 17. August 2010

US-Staatsanleihen und weltweite Portfolio-Allokationen

Die TIC-Daten für Juni liegen seit gestern vor. Demnach belief sich die Summe der privaten und öffentlichrechtlichen ausländischen Direktinvestitionen in amerikanische Staatsanleihen (US-Treasury) im Juni auf 33 Mrd. $. Die Zahl liegt den zweiten Monat in Folge unter dem Trend. Ein wesentlicher Grund ist sicherlich die Entwicklung des Dollar-Wechselkurses. Anfang Juni notierte der Wechselkurs auf einem Tief von 1,19 Euro/Dollar.

Top-Käufer von US-Staatsanleihen waren im Juni Japan mit 17 Mrd. $, die Schweiz mit 16 Mrd. $ und das Vereinigte Königreich mit 13 Mrd. $. Top-Verkäufer waren China mit 21 Mrd. $ und Russland mit 6 Mrd. $. China hat sich zum ersten Mal seit mindestens vier Jahren in einem Monat so bearish auf US-Staatsanleihen gezeigt. Der Verkaufsdruck dürfte aber mit Dollar-Aufwertung abnehmen.


Ausländische Investitionen in US-Staatsanleihen (UST), Graph: Igor Cashyn & Jim Caron, Morgan Stanley

Seit dem Ausbruch der Finanzkrise besteht eine Überschussnachfrage nach sicheren, liquiden und hochwertigen Finanzanlagen. Und die Märkte signalisieren, dass US-Treasury Bonds wertvolle Anlagen sind, welche immer beliebter werden, was sich am steigenden Preis bzw. an der fallenden Rendite widerspiegelt. Es ist also nicht verwunderlich, dass die Politik dem Markt gibt, was er will. Die Fed sorgt dafür, dass das Angebot an riskanten Anlagen sinkt, und das Angebot an sicheren Anlagen steigt. Dabei fällt es jedoch auf, dass der Nachfrageüberhang bei bestimmten Wertpapieren auf den Finanzmärkten ein Angebotsüberhang bei Waren und Dienstleistungen auf den Produktmärkten bedeutet, was zugleich einen Überhang von Arbeitskräften auf den Arbeitsmärkten reflektiert, wie Brad DeLong beschreibt.



Euro / US-Dollar Wechselkurs, Graph: finance.yahoo.com

Andererseits haben die Finanzkrise und die Rezession zu einem grossen Anstieg des Haushaltsdefizits und der Staatsverschuldung geführt, mit einem Ausblick auf noch lange anhaltende hohe Schulden. Die Frage ist in diesem Zusammenhang, ob es genug Geld auf der Welt gibt, um die amerikanische Verschuldung zu finanzieren? Die Aussichten für die amerikanische Schuldenposition und netto ausländische Zuflüsse sind im allgemeinen weniger dramatisch und nachhaltiger als angesichts der anhaltenden US-Leistungsbilanz-Ungleichgewichte i.d.R. angenommen wird, argumentieren Menzie Chinn und John Kitchen in einer kürzlich vorgelegten Studie („Financing US Debt: Is There Enough Money in the World – and At What Cost?“) (hat tip FT Alphaville). "Die Verschlechterung der öffentlichen Finanzen hat eine Unmittelbarkeit der bereits bestehenden Bedenken hinsichtlich der Nachhaltigkeit der öffentlichen Finanzen hervorgebracht. Die Situation bleibt zudem weiterhin wegen des hohen Anteils an US-Staatsanleihen, den ausländische Investoren halten, kompliziert“, bemerken die Autoren. Chinn und Kitchen konstruieren ein Basisszenario, indem sie Projektionen des CBO benutzen, was Schulden, Defizite, Zinsen usw. betrifft. Die Zunahme des Bestandes an US-Treasury Bonds von ausländischen Investoren hält die Renditen der Staatsanleihen davon ab, schneller anzusteigen als die Annahmen im Basisszenario der Autoren darstellen. Ausländische Investoren müssen aber weiter kaufen, und zwar viel. Gemäss Berechnungen der Autoren erfordert der starke Anstieg des Bestandes an US-Treasury Bonds der ausländischen Investoren einen Zuwachs der Investitionen auf etwa 19% des weltweiten BIP, von weniger als 5% in der jüngeren Geschichte. Das ist technisch gesehen ein Riesensprung, aber nicht unmöglich wie Tracy Alloway von FT Alphaville einschätzt.


Ausländische, amtliche Bestände an US-Staatsanleihen in Prozent des restlichen, weltweiten BIP, Graph: John Kitchen & Menzie Chinn

Es gibt genug Geld in der Welt, um den Finanzierungsbedarf für US-Treasuries im mittleren Zeithorizont (bis 2020) zu decken, fassen Kitchen und Chinn zusammen. Im Rahmen einer solchen Projektion bleibt jedoch die Unsicherheit übrig, ob weltweite Portfolio-Allokationen in der Tat höhere Anteile an US-Staatsanleihen ausreichend unterbringen können.


Bestand der Ausländer an US-Staatsanleihen und die Zahlungen der USA an Ausländer für US-Staatsanleihen (in % des BIP), Graph: John Kitchen & Menzie Chinn

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