Sonntag, 1. August 2010

Arbeitslosigkeit und ökonomische Theorie

Quer durch die USA sind tausende von staatlich finanzierten Konjunkturprogrammen im Gang mit dem Ziel, die Wirtschaft anzukurbeln und Menschen an den Arbeitsmarkt zu bringen. Die bisherigen Ergebnisse sind nicht spektakulär, bemerkt Robert Shiller in einem lesenswerten Essay („What Would Roosevelt Do?“) in der Sonntagsausabe von NYT. Warum nicht? „Nichts ist falsch mit der Idee von Konjunkturmassnahmen an sich. Wir brauchen mehr Stimulanz, nicht weniger. Aber wir müssen mehr darauf konzentrieren, für Menschen Arbeitsstellen zu schaffen“, erklärt Wirtschaftsprofessor an der Yale University. Als einen wichtigen Grund sieht Shiller die häufige Fehlannahme in der ökonomischen Theorie, dass das BIP von zentraler Bedeutung ist, nicht Arbeitsplätze. Rezession ist herkömmlich in Bezug auf das BIP definiert worden, nicht auf die Arbeitslosigkeit, hebt Shiller hevor. Die Letztere wird als Spätindikator (lagging indicator) wahrgenommen. Es werde weitgehend angenommen, dass die Starthilfe für die Wirtschaft, gemessen am BIP, der wichtigste Schritt sei, der getan werden müsse, so Shiller.

Der Theorie zufolge ist die Wirtschaft anzukurbeln. Brummt der wirtschaftliche Motor wieder, dann wird es auch viele Fahrten für Arbeitslose geben. Die Vorstellung, den Schwerpunkt auf die Erhöhung des BIP zu legen, statt auf die Schaffung von Arbeitsplätzen, führt aber dazu, dass wir echte Arbeitsplätze brauchen, Jobs im Zusammenhang mit Zukunft, hält Shiller fest. Die Arbeitslosigkeit beträgt aber zur Zeit 9,5%. Die Langzeitarbeitslosigkeit hat mit 4,4% den höchsten Wert seit 1948 erreicht. Das bedeutet enorme menschliche Kosten und es ist besonders beunruhigend für Leute, die jung, oder auf andere Weise gefährdet sind, aufzugeben oder gänzlich auszufallen. Shiller’s Vorschlag: Warum sollen nicht durch die Regierungspolitik direkt Arbeitsplätze geschaffen werden? Arbeitsintensive Dienstleistungen in den Bereichen wie Bildung, öffentliche Gesundheit und Sicherheit, städtische Instandhaltung der Infrastruktur, Jugend, Altenbestreeung, Naturschutz, Kunst, Literatur und wissenschaftliche Forschung. Wäre dies eine effektive Nutzung der Ressourcen? Aus Sicht der ökonomischen Theorie bieten die Staatsausgaben in solchen Bereichen oft Vorteile, die von der Marktwirtschaft nicht hergestellt werden. Solche Leistungen sind schwer zu messen, weil es eben keinen aktuellen Marktpreis für sie gibt. Kosten-Nutzen-Analysen neigen dazu, in endlosen Debatten zu münden, welche die sozialen Impulse oft verwischen. In Zeiten Massenarbeitslosigkeit sollte aber die Einstufung eines Stimulus-Projektes nach „gut“ oder „schlecht“ nach unten angepasst werden, argumentiert Shiller. Präsident Franklin D. Roosevelt’s New Deal war vielmehr auf die Schaffung von Arbeitsplätzen ausgerichtet als die aktuellen Konjunkturprogramme, hält Shiller, der an das „Civilian Conservation Corps" (1933 bis 1942) Programm erinnert, fest. Das Roosevelt Programm war für alle jungen Männer zwischen 18 und 25 eröffnet worden, die wirtschaftlich anfällig waren. Das CCC-Programm akzentuierte arbeitsintensive Projekte wie das Pflanzen von Bäumen. Die Öffentlichkeit würdigte die Anpflanzung von Bäumen, weil die Projekte nach grossen Problemen ausgerichtet waren, die ignoriert wurden.

Fazit: Die Ideen, die Shiller erörtert, sind zum Teil auch von Atrios und Mark Thoma aufgegriffen worden: "Lass die Leute die Dächer weiss anmalen".

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