Paul Krugman erinnert heute in seinem Blog an seinen Eintrag vor einem Jahr über einen Modell-Vergleich zwischen „liquidity preference“ und „loanable funds“, indem er anhand der keynesianischen „Ersparnissschwemme“-Theorie erklärt, dass das Haushaltsdefizit die Zinsen nicht in die Höhe treibt, es sei denn, die Wirtschaft expandiert. Niall Ferguson geht davon aus, dass die Zinssätze durch Angebot und Nachfrage hinsichtlich der Einsparungen ermittelt werden. Das ist das „loanable funds“-Modell des Zinssatzes, welches in jedem Lehrbuch dargelegt wird, so Krugman. Keynes hat aber darauf hingewiesen, dass diese Darstellung falsch ist, wenn die Wirtschaft keine Vollbeschäftigung hat. Warum? Weil Sparen und Investitionen vom Niveau des BIP abhängen.
Gesamtwirtschaftliches Modell: I= Investitionen, S=Ersparnisse, r=Zins, Graph: Prof. Paul Krugman
Angenommen, dass das BIP steigt. Ein Teil dieses Anstiegs wird gespart. Das schiebt die S-Kurve (Sparen) nach rechts. Es kann sein, dass auch die Investitionsnachfrage steigt. I.d.R. steigen aber die Einsparungen stärker, sodass der Zinssatz fällt, erläutert Krugman. Das Angebot und die Nachfrage nach Finanzierung sagen einem von selbst aus nicht, was der Zinsssatz ist. Sie sagen, was der Zinssatz ist, hängt vom Niveau des BIP ab. Sie definieren also eine Beziehung zwischen dem Zinssatz und dem BIP. Was bestimmt aber die Höhe des BIP und damit auch die Beziehung zu dem Zinssatz? Die Antwort ist laut Krugman: „liquidity preference“; das Angebot und die Nachfrage nach Geld. In der modernen Welt nehmen wir an, dass die Zentralbank das Geldangebot anpasst, um einen Zinssatz zu erreichen, indem sie in der Tat eine Wahl auf der IS-Kurve trifft, erklärt Krugman. Das bringt uns zum derzeitigen Stand der Dinge. Im Moment ist der Zinssatz, den die Fed beeinflussen kann, praktisch Null. Aber das genügt nicht, Vollbeschäftigung zu erreichen. Im Endeffekt haben wir ein Überangebot an Ersparnissen, selbst wenn die Zinsen bei Null liegen. Das ist unser Problem, hält Nobelpreisträger fest.
Es war nie eine Frage der Prognose, was mit Zinsen passieren würde, sondern was die Zinsen antreibt. Ferguson und andere haben damals die Ansicht vertreten, dass die Staatsverschuldung die Zinsen in die Höhe treiben würde. Und die Erholung der Wirtschaft würde dadurch abgewürgt. Krugman und andere haben argumentiert, dass die Zinsen nur dann steigen würden, wenn die wirtschaftliche Erholung stattfände. Genauer gesagt würden die kurzfristigen Zinsen nahe Null bleiben, weil die Wirtschaft tief deprimiert war. Die langfristigen Zinsen würden von den Erwartungen hinsichtlich der künftigen kurzfristigen Zinsen und von den Aussichten in bezug auf die Erholung abhängen, so Krugman.
Der entscheidende Punkt ist nicht die Tatsache, dass die Zinsen heute erheblich niedriger sind als damals, sondern die Tatsache, dass die Zinsen mit Optimismus über die Erholung sehr stark schwanken, geschweige denn die Defizite, erklärt Krugman. Wenn Sie die Theorie von „loanable funds“ vor Augen halten, würden Sie erwarten, dass ein Herabstufung der Erwartungen die Zinsen nach oben treiben würde, nicht nach unten. Immerhin bedeutet eine schwache Wirtschaft grössere Defizite. Aber heute geschieht, was das Zinsniveau betrifft, genau das Gegenteil, in der Tat. „Die Quintessenz ist, dass die Ereignisse durchaus eine Ansicht bestätigt haben. Die andere wurde völlig verworfen. Schade, dass so was in der Politik nicht zählt“, schlussfolgert Krugman.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen