Montag, 30. August 2010

Wer profitiert von zu niedrigen Zinsen?

Politiker und Ökonomen spekulieren derzeit heftig, ob die US-Notenbank (Fed) zur Politik der mengenmässigen Lockerung der Geldpolitik („quantitative easing“), kurz genannt QE II zurückkehren wird oder nicht, indem sie im grossen Umfang öffentliche Anleihen (MSB, UST usw.) kauft.
Die traurige Realität ist, dass das günstige Geld nicht funktioniert, schreibt Robert Reich in einem lesenswerten Essay („Why Cheaper Money Won’t Mean More Jobs?“) in Huffington Post. Private Haushalte nehmen keinen Kredit auf, weil sie noch unter der riesigen Schuldenlast stehen, ihre Häuser an Wert verlieren und ihre Löhne und Arbeitsplätze am Verschwinden sind. Kleinunternehmen nehmen keinen Kredit auf, weil sie keinen Grund haben, zu expandieren. Einzelhandel ist am Boden. Die Baubranche ist zusammengebrochen. Selbst Produktionslieferanten verlieren an Boden, bemerkt Reich. Was übrig bleibt, sind Grossunternehmen. Sie sind froh, jetzt zu noch günstigeren Preisen Geld aufzunehmen, obwohl sie bereits auf Bergen von Bargeld sitzen, argumentiert der ehem. Arbeitsminister der Clinton-Regierung.

Die Kreditaufnahme der Grossunternehmen schafft aber keine neuen Arbeitsplätze, unterstreicht Reich. Ganz im Gegenteil: (a) grosse Konzerne investieren das Geld in ihre Lohn- und Gehaltslisten und (b) sie kaufen neue Fabriken und Anlagen im Ausland. Die M & A –Welle (Fusionen und Übernahmen) hat bereits begonnen. (I) Wer gewinnt? Die Aktionäre der übernommenen Unternehmen und Top-Führungskräfte, die sich fette Vergütungspakete zuschieben. Und grosse Wirtschaftskanzleien in Wall Street. (II) Wer verliert? Eine hohe Anzahl von einfachen Arbeitnehmern, die ihre Jobs verlieren. Denn das Ziel der M & A sind grössere „economies of scale“ und mehr Synergie-Effekte.

Wenn Verbraucher und Kleinunternehmen sich keine Kredite leisten können, verwenden Grossunternehmen das günstige Geld, um Angebote für die Übernahme von anderen Unternehmen abzugeben und mehr Stellen abzubauen. „Was wir brauchen sind mehr Jobs, nicht noch grössere Unternehmen“, schlussfolgert der an der University of California, Berkeley lehrende Wirtschaftsprofessor.

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