(Nur für Streber)
Es
gibt in den USA einige selbsternannte „zentristische“ Kolumnisten, die seit
geraumer Zeit nach einer Lösung der wirtschaftspolitischen Probleme nach dem
Standpunkt des politischen Spektrums, der zwischen links und rechts liegt,
aufrufen. Was sie nicht wahrnehmen wollen, ist, dass Barack Obama genau diese
Position vertritt. Dennoch hören die Kommentatoren damit nicht auf,
permanent nach einer dritten Partei zu rufen.
Das
Fatale daran ist, dass die zentristischen Experten alle Ökonomen (Salzwasser
oder Süsswasser) über einen Kamm scheren, ohne genau zu beobachten, welche
Ökonomen welche Konzepte im Hinblick auf die gegenwärtige Krise bieten und geboten
haben.
Was
nicht vergessen werden darf, ist die Tatsache, dass es Ökonomen gibt, die es
einfach nicht akzeptieren können, dass es auf die Geldpolitik ankommt, und
daher sich damit verdammt schwer tun, dass der Staat (durch die Zentralbank)
eine wichtige Rolle spielen kann, um die Wirtschaft zu „leiten“.
Die
Schwierigkeiten mit Makroökonomie ist zumeist politisch, betont Paul Krugman in seinem Blog vor diesem Hintergrund mit
dem Hinweis auf einen aktuellen Blog-Eintrag („What microeconomists think about macoreconomics“)
von Simon Wren-Lewis.
Das
Meiste des Problems kommt aus der rechten Seite des politischen Spektrums,
erklärt Krugman. Die Probleme in Makro sind in der Tat ein Symptom des breiten
politischen Kriegs: viele von denen, die den Konflikt innerhalb von Makro
beklagen, ohne sich um die wahren Quellen des Konflikts zu kümmern, spielen
dieselbe nutzlose Rolle, die von fanatischen Zentristen gespielt wird. PS:
„fanatische Zentrist“ ist hierbei nicht ein Oxymoron.
Krugman
nennt das Ganze „Trick der Mitte“ (centrist dodge). Es sieht so aus: ein seriöser Experte erklärt, dass die USA
einen politischen Leader brauchen, der bereit ist, zuzugeben, dass die
Wirtschaft kurzfristige Impulse benötigt und aber zugleich auch die
langfristigen Haushaltsdefizite angegangen werden müssen und die Bewältigung
des langfristigen Defizits Ausgabenkürzungen und Einnahmenerhöhungen erfordert.
Und der Experte behauptet, dass beide Parteien in dieser Hinsicht versagen und
daher zu tadeln seien, weil es eben an so einem Leader fehle.
Was
der Experte weigert, ist, um seine zentristischen Referenzen nicht in Gefahr zu
bringen, zuzugeben, dass die Position, die er beschreibt, genau der Position von
Barack Obama entspricht, unterstreicht Krugman.
Das
makroökonomische Pendant sieht wie folgt aus: ein betroffener Schriftsteller
oder ein Redner über die Wirtschaft beklagt den Zustand der gegenwärtigen
Situation und argumentiert, dass wir wirklich Makroökonomen brauchen, die
bereit sind, sich einem Ansatz mit einem offenen Geist zu nähern und ihre
Meinung zu ändern, wenn die Anzeichen ihre Modelle nicht unterstützen. Die Schlussfolgerungen
sollen m.a.W. mit der Schelte des makroökonomischen Berufs im Allgemeinen
erfolgen, was laut Krugman eine sicherlich nette Sache ist zu tun, aber das
Ganze im Endeffekt die absichtliche Ignorierung der wahren Natur des Problems bedeute.
Es
ist nicht schwer, aufgeschlossene Makroökonomen zu finden, die auf Anzeichen
reagieren. Es sind Keynesianer und/oder Salzwasser-Ökonomen, legt Krugman dar.
Wären
die Keynesianer bereit gewesen, ihre Meinung drastisch zu ändern, wenn die
Erfahrung der weltweiten Finanzkrise eine solche Änderung geboten hätte?
Krugman denkt so, aber wir werden es sicherlich nie wissen, weil die
grundlegende keynesianische Sicht in der Krise in der Tat sehr gut funktioniert
ist.
Es
gibt aber noch die andere Seite: Süsswasser Ökonomen, mehr oder weniger die
klassische Makroökonomie.
Die
Ereignisse der jüngsten Zeit waren für diese Sicht der Welt ein empirisches
Debakel nach dem anderen, was v.a. die Zinssätze, die Inflation und die
Auswirkungen der fiskalischen Kontraktion betrifft. Die Wahrheit ist aber, dass
die Süsswasser-Makro emprische Teste für Jahrzehnte nicht bestanden hat.
Überall, wo man hinschaut, gibt es Anomalien, sodass die Süsswasser-Ökonomen
ihre Annahmen hätten hinterfragen müssen: von der Abwesenheit des
Technologie-Schocks, was die Konjunkturzyklen hätte antreiben sollen, bis zu
dem Beweis der Wirksamkeit der Geldpolitik und zu der nahezu perfekten
Korrelation von nominalen und realen Wechselkursen, erläutert Krugman.
Aber
anstatt ihre Annahmen zu hinterfragen, kehren die Süsswasser-Ökonomen den
Beweisen den Rücken. Und sie kalibrieren obendrauf ihre Modelle anstatt sie zu
testen und sie lehnen es ab, sogar über die alternative Ansicht zu lehren.
Es
gibt also ein Problem in Makroökonomie: es ist im Grunde genommen politisch und
es kommt in erster Linie, nicht ganz, aber hauptsächlich aus einer Seite des
politischen Spektrums. Doch diese Wahrheit ist genau das, was die Kritiker
nicht anerkennen wollen, weil es ihre komfortable Position in Gefahr bringen
würde, alle gleichermassen zu beschimpfen. Es ist kurz gesagt der „Trick der
Mitte“, welcher im Konflikt innerhalb der Wirtschaftswissenschaften
mitverschleppt wird.
Brauchen
wir eine bessere Makroökonomie? Ja, in der Tat. Aber wir brauchen auch bessere
Kritiker, die bereit sind, das Risiko der Parteinahme einzugehen, für eine gute
Wirtschaft und gegen Dogmatismus, fasst Krugman als Fazit zusammen.
Mark Thoma fügt dazu in seinem Blog hinzu, dass er den
Begriff „centrist dodge“ eher als
ideologisch bezeichne als politisch. Unabhängig davon, was passiert, gibt es
Ökonomen, die ein Modell einfach nicht akzeptieren werden, welches impliziert,
dass der Staat durch die Geld- und Fiskalpolitik etwas Guten tun kann. Und
diese Ökonomen werden immer hart daran arbeiten, alternative Modelle zu bauen,
die die Rolle des Staates nicht zulassen, erklärt der an der University of Oregon lehrende
Wirtschaftsprofessor.
Es
gibt wenig Widerstand gegen die Geldpolitik. Der Beweis ist schwer zu leugnen,
dass einige dieser Ökonomen zugeben, dass die Geldpolitik auf die Wirtschaft
positiv wirken kann, solange die Fed eine unabhängige Körperschaft bleibt. Aber
die Fiskalpolitik stösst auf Widerstand, unabhängig von theoretischen und
empirischen Belegen. Sie haben ihre ideologische und politische Ansichten und
jedes Model, das damit im Widerspruch steht, daher falsch sein muss, schildert
Thoma.
Bemerkenswert
ist, dass der junge Ökonom Noahpinion
sich angesprochen fühlt. „Ich hoffe, dass Krugman nicht über mich redet“,
schreibt er in seinem Blog.
Denn
Noahpinion hatte kürzlich zum Ausdruck gebracht, dass das Grundproblem hierbei
ist, dass die Makroökonomie über keine allgemein vereinbarten Kriterien für die
Falsifizierung der Hypothesen zu
haben scheine. Seiner Meinung nach ist die Makroökonomie eine „Wissenschaft“
ohne Falsifikation. Mit anderen Worten ist Makro kaum eine Wissenschaft
überhaupt. Das gebildete Publikum wisse das. Und das sei auch der Grund, warum
das Ansehen von Makro leide. Die Lösung für die Makroökonomen sei daher (a) ihre
Unwissenheit öfters zuzugeben, wie Greg Mankiw und John Cochrane dies beispielhaft tun, und (b) nach besseren Wegen zu suchen, die
Makro-Theorien zu falsifizieren, und zwar in einer überzeugenden Art und Weise.
Krugman
vertritt hingegen die Meinung, dass es gute makroökonomische Beweise gibt und
der Grund, warum manche Leute es nicht einsehen wollen, ist, weil sie politisch
Konservative sind.
Ich
halte zu Krugman.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen