Freitag, 20. Juli 2012

Microfoundations – Worum geht es?


Simon Wren-Lewis befasst sich in seinem Blog mit zwei Einträgen (hier und hier) mit der in den USA wiederbelebten Debatte über die microfoundations.

In Wirtschaftswissenschaften bezieht sich der Terminus microfoundations (Mikrofundierung) auf die mikroökonomische Analyse des Verhaltens von einzelnen Agenten wie von privaten Haushalten oder Unternehmen, die eine makroökonomische Theorie untermauern.

Kritiker äussern Zweifel, ob diese gesamtwirtschaftlichen Beziehungen, die die (früheren) keynesianischen Modelle (als aggregierte Grössen wie Produktion, Beschäftigung und Investitionen) in Betracht ziehen, mit Grundsätzen der Mikroökonomie im Einklang stehen oder nicht. Ausserdem weisen die Kritiker des keynesianischen Ansatzes darauf hin, dass einige von Annahmen der Modellierung mit Standard-Mikroökonomie nicht vereinbar seien.

Ökonomische Aggregate sind ökonomische Masse, die die Daten über verschiedene Märkte summieren, wie Märkte für Waren und Dienstleistungen, Arbeitskräfte und Vermögensgüter, wie Paul Krugman in seinem Lehrbuch („Economics“) beschreibt.

Krugman bedauert in seinem Blog angesichts der Besessenheit von microfoundations, die dieser Tage wieder in den Mittelpunkt der Ökonomen-Diskussion in der Blogosphäre rückt, dass der ökonomische Beruf entschlossen scheint, sich selbst nutzlos zu machen. Die Makroökonomie ist gerade dafür geschaffen worden, mit der Art der schweren Krise, die gegenwärtig vorherrscht, umzugehen, betont der Träger des Wirtschaftsnobelpreises.

Wren-Lewis ist besorgt, dass die Besessenheit von Mikrofundierung sich an dieser Stelle tief in die „akademische Anreizstruktur“ eingebettet hat.

Wo kommt das her? Es ist die berühmte „Lucas-Kritik“, die mehr als eine Generation als „big deal“ galt. Es geht darum, dass, wenn Sie eine bestimmte Beziehung in der realen Welt beobachten, sagen wir, eine Beziehung zwischen Inflation und Arbeitslosigkeit, diese Beziehung sich ändern kann, wenn die Politik sich ändert. Die „Lucas-Kritik“ besagt weiter, dass man ein tieferes Verständnis davon haben muss, woher die Beziehung stammt („microfoundations“), sodass man nicht überrascht wird, wenn sie sich in Reaktion auf die Änderung der Politik ändert.

Was ist aber, wenn man vor sich eine beobachtete Tatsache über die Welt hat, zum Beispiel Nominallohnrigidität (starre Nominallöhne), was man aus dem ersten Grundsatz nicht einfach ableiten kann, aber in der Praxis robust zu sein scheint?

Man könnte meinen, dass die richtige Antwort ist, anhand einer vorläufigen Annahme weiter zu arbeiten, dass diese Beziehung auch weiterhin gilt, als anzunehmen, dass die Beziehung nicht mehr gilt, weil es nicht angemessen „mikrofundiert“ ist. Das wäre laut Krugman eine richtige Sicht. Aber der Ökonomenberuf, zumindest sein akademischer Flügel, hat die Wahl getroffen, den gegenteiligen Kurs zu steuern, darauf bestehend, dass die Analyse, wenn es nicht mikrofundiert ist, nicht zu veröffentlichen ist, und am Ende nicht denkbar ist.

Krugman vertritt die Ansicht, dass wir jetzt eine Krise haben, wo es durchaus Sinn macht, wenn man bereit ist, einige reale Verhaltensweise zu akzeptieren, welche nicht aus einer intertemporalen Maximierung entsteht. Aber zur Zeit ist nichts davon zu sprüren, weil die akademische Makroökonomie alles, was nicht mikrofundiert ist, aus einer nützlichen Diskussion fernhält.

Was die Ablehnung von Fiskalpolitik bzw. von Konjukturpaketen (fiscal stimulus) betrifft, legt Krugman dar, dass es eine wesentliche Anzahl von Ökonomen gibt, die fest entschlossen scheinen, nach Gründen zu suchen, um nicht zu agieren. Es ist zum Teil auf Ideologie zurückzuführen. Aber der an der University of Princeton lehrende Wirtschaftsprofessor denkt, dass die Antwort zum Teil mit dem Übertrag von akademischen Strebern zu tun hat, die angehört bzw. beachtet werden wollen. Es käme nicht so sehr darauf an, wenn es sich dabei nur um akademische Gedankenspiele handeln würde, aber es geht um Massenarbeitslosigkeit, die nach und nach schlimmer wird, was mit menschlichem Leid verbunden ist.

Fazit: Der Beruf schadet sich selbst. Und das Scheitern von Ökonomen ist keine glückliche Geschichte.

PS:

Mikroökonomik befasst sich mit der Analyse, wie private Haushalte und Unternehmen Entscheidungen treffen und wie sie auf den Märkten zusammen wirken.

Makroökonomik untersucht gesamtwirtschaftliche Phänomene wie Inflation, Arbeitslosigkeit und Wirtschaftswachstum.

Keine Kommentare: