Dienstag, 31. Juli 2012

EZB und Weltwirtschaft


EZB-Chef Mario Draghi hat vergangene Woche gesagt, dass die EZB alles tun wird, um den Euro zu erhalten.

Im Angesichts der wachsenden Ängste vor einer Verschlechterung der Rezession und des politischen Drucks hat die EZB endlich geblinkt, bemerkt Mark Weisbrot in einem lesenswerten Artikel („How the ECB came to control the fate of the world economy“) in The Guardian.

Der politische Druck kommt (1) zum Teil aus Frankreich. Der neu Präsident François Hollande ist schliesslich von Stimmen gewählt worden, die die Austeritätspolitik ablehnen. Zum Teil stammt aber der politische Druck (2) von dem IWF. Der Internationale Währungsfonds ist eine Partei der Troika, die mit der EZB und der EU-Kommission zusammen die Wirtschaftspolitik im Euroraum im Verlauf der Krise festlegt. Aber (3) auch die Obama-Regierung erhöht den Druck auf Europa, die Krise zu Ende zu bringen, da die schleppende US-Wirtschaft die Wiederwahl-Chance des Präsidenten Obama beeinträchtigt.

Während die Rally an den Finanzmärkten vergangene Woche im Anschluss der zitierten Aussage von Draghi nicht dasselbe bedeuten wie die Weltwirtschaft, lastet die ökonomische Unsicherheit, die durch die europäischen Behörden geschaffen und verschärft werden, nicht nur auf den Finanzmärkten, sondern auf der Realwirtschaft von Südkorea bis Brasilien, legt Weisbrot dar.

Die Weltwirtschaft wird in diesem Jahr voraussichtlich um 3,5% wachsen, im Vergleich zum Wachstum von 5,3% im Jahre 2010. Das bedeutet ein Unterschied von zig Millionen Arbeitsplätzen weltweit und von mehr als 1‘000 Mrd. $ Verlust an Einkommen.

Während es in verschiedenen Ländern und Regionen (einschliesslich USA und China) hausgemachte Schwächen gibt, scheint es, dass das Chaos in Europa gegenwärtig den grössten Hemmschuch für die Weltwirtschaft darstellt, beschreibt Weisbrot weiter.

Es sind Spekulanten an den Finanzmärkten, die die Rendite der spanischen und der italienischen Staatspapiere in die Höhe schleudern, weil sie wissen, dass die EZB limitiert agiert. Die EZB ist aber verpfichtet, für die Stabilität an den Finanzmärkten zu sorgen. Die EZB hat die Macht, die Euro-Krise zu beenden, aber sie weigert sich, dies zu tun, weil sie stattdessen „eine regressive politische Agenda drängt, einschliesslich der Kürzungen der Mindestlöhne und Renten, Schwächung der Arbeitsgesetze und Tarifverhandlungen und Schrumpfung der öffentlichen Hand“, argumentiert Weisbrot.

Die EZB könnte die Krise unmittelbar beenden, indem sie einfach eine Obergrenze für die Rendite der spanischen und italienischen Staatsanleihen festsetzt, was die Angst vor Zahlungsverzug (default) vertreiben würde, legt Weisbrot nahe. Genauso argumentiert auch Paul De Grauwe seit geraumer Zeit.

Die EZB sollte eine Obergrenze für die Spreads der spanischen und der italienischen Staatsanleihen ankündigen, sagen wir 300 Basispunkte, schlägt der an der Universität von Leuven lehrende belgische Wirtschaftsprofessor. Die EZB würde sich verpflichten, alle ihre Feuerkraft einzusetzen, um dieses Ziel zu erreichen. Während die EZB also dafür sorgen würde, dass der Preis der Anleihen (der Mindestpreis als das Gegenstück für das Zins-Deckelung) nicht weiter fallen, würden die genannten 300 Basispunkte als Strafzins für Spanien und Italien wirken, was die Länder schliesslich motivieren würde, die Staatsverschuldung zu reduzieren.

Die europäischen Behörden müssten aber dafür ihre destruktive Fiskalpolitik rückgängig machen. Die Haushaltskonsolidierung in einer Depression beschert Europa „die zweite Rezession in zwei Jahren“ hält Weisbrot als Fazit fest.

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