Bob Diamond galt noch am Montag als
unentbehrlich. So sahen ihn zumindest seine Anhänger. Doch am Dienstag ist der
Vorstandschef von Barclays zurückgetreten.
„Diamonds
Sturz war spektakulär und vollständig. Es war durchaus angemessen“, schreibt Simon Johnson in einem lesenswerten
Artikel („Lie More, as a Business Model“)
in NY Times.
Der
an der MIT Sloan lehrende
Wirtschaftsprofessor verweist vor diesem Hintergrund auf einen lesenswerten
Artikel von Dennis Kelleher im Blog von
Better Markets, einer Gruppe, die Finanzreform befürwortet. Die Kontroverse,
die Diamond zu Fall gebracht hat, hat mit absichtlicher und jetzt anerkannter
Täuschung durch Barclays Mitarbeiter in Bezug auf die Daten-Meldung in Sachen
Libor zu tun.
Kelleher
formuliert es schonungslos: das Problem ist „Lie More“ (mehr Lügen), nicht
Libor. Der Punkt ist, dass das besagte Verhalten der Bank eine Auswirkung auf Kredittransaktionen
im Nominalwert von mindestens 800‘000 Mrd. US-Dollar hat.
Die
Worte mögen hart klingen. Aber sie liegen genau im Einklang mit dem kürzlich
veröffentlichten Leitartikel („Shaming the Banks Into Better Ways“) von Financial Times (FT),
einer Zeitung, die nicht gerade dafür bekannt ist, gegenüber dem Bankensektor feindlich
gesinnt zu sein. Die britische Wirtschaftszeitung redet von einer „lange
laufenden Bauernfängerei“, m.a.W.
von einerm Trickbetrug.
Die
Redaktion von FT liegt mit dem Hinweis auf das Kultur-Problem völlig richtig,
was innerhalb von Barclay offenbar akzeptabel war und vielleicht sogar
gefördert wurde, um falsche Informationen zu liefern. Der Leitartikel
unterschätzt aber laut Johnson die Bedeutung von Anreizen für die Schaffung
dieser Kultur. Die Mitarbeiter von Barclays taten, wofür sie bezahlt wurden.
Die aktuellen Nachrichten aus dem Unternehmen legen nahe, dass von Boni, die
ausgeschüttet wurde, nichts zurückgezahlt werden muss.
Banken,
wie sie zur Zeit organisiert und verwaltet werden, kann man nicht trauen, jene
öffentlich wichtige Funktion, die gegen die wahrgenommenen Interessen ihrer
Mitarbeiter gerichtet sind, durchzuführen, beschreibt Martin Wolf, der Chef-Ökonom von FT in einem weiteren Artikel („Banking reforms after the Libor scandal“).
„Die
Vorstellung, dass mein Wort mein Libor ist, ist tot“, legt Mervyn King, der Gouverneur
der Bank of England (BoE). Das
heisst in Übersetzung, dass niemand mehr Grossbanken glauben wird, wenn ihre
Führungskräfte behaupten, dass sie zu einem bestimmten Zinssatz Kredit
aufgenommen haben. Man muss die tatsächlichen Transaktionsdaten sehen müssen.
Kelleher
hat Recht. Die globalen Megabanken haben einen Anreiz, Kunden, darunter sowohl
Einzelpersonen als auch nicht-finanzielle Unternehmen zu täuschen. Ihre Grösse
verleiht sowohl Marktmacht als auch die politische Macht, die notwendig ist, um
das Aussmass des wirtschaftlichen Betrugs zu verschleiern. Der Mangel an
Transparenz in Derivatemärkten bietet ihnen die Möglichkeit, zu betrügen, aber
die Missbräuche sind viel breiter, wie der Libor-Skandal demonstriert, legt
Johnson dar.
Kelleher
trifft den Nagel auf den Kopf: sie nennen sich selbst „Banken“. Aber sie sind
es nicht in einem herkömmlichen Sinne. Sie sind globale Giganten, die nicht nur
Too Big To Fail, sondern auch Too Big To Regulate. Nehmen wir als
Beispiel JPMorgan Chase: es hat eine
Bilanzsumme von 2‘350 Mrd. US-Dollar mit mehr als 270‘000 Mitarbeitern weltweit,
Tausende von juristischen Personen, 554 Tochtergesellschaften und wie die
jüngsten Trading-Verlust in London belegt, einen Chef, einen Chief Financial Officer
und ein Management Team, die keine Ahnung davon haben, was in der eigenen Bank
los ist.
Zur
Erinnerung: Diamond, Ex-CEO von Barclays wurde im letzten Jahr mit 20 Mio. Pfund vergütet. Und er sagte
als Leader der britischen Banken berharrlich, dass alle aufhören sollen, die
Banken zu schikanieren.
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