Alle
führenden Politiker Europas scheinen zu erkennen, wie ernst die Probleme im
Euroland sind. Die Herstellung einer Lösung ist aber unglaublich schwer, weil
die Eurozone vor einer Reihe von ineinander greifenden Problemen steht,
schreibt Karl Whelan in einem („Much Ado About Something?“) in Forbes.
Zusammengenommen
erfordern diese Probleme politisch umstrittene Beschlüsse, wenn der Euro noch
überleben soll. Der an der University of
College Dublin lehrende Wirtschaftsprofessor macht vor diesem Hintergrund
drei Problembereiche aus: (I) Schulden, (II) Wachstum und (III) Banken.
Zum
Schuldenproblem: „Jeder weiss, dass der Euroraum ein Schuldenproblem hat. Was
weniger bekannt ist, dass die Staatsquote (Schulden im Verhältnis zum BIP) im
Euroraum als Ganzes geringer ist als in den USA und anderen Ländern mit
niedrigeren Renditen von Staatsanleihen“, erläutert Whelan. Diese Länder haben
aber auch Zugang zu ihren eigenen Zentralbanken, die im Fall einer Krise
eingreifen, um Staatsanleihen zu kaufen und einen Zahlungsverzug (default) zu verhindern. Die EZB hingegen kauft direkt keine
Staatsanleihen auf, weil es nicht gestattet ist: Es heisst im EZB-Jargon „no monetary financing“.
Zum
Wachstumsproblem: Die Schuldenlast in Europas Peripherie würde nicht so schlecht
aussehen, wenn die Volkswirtschaften mit einem angemessenen Tempo wachsen
würden, sodass die Haushaltsdefizite ohne Austerität fallen könnten. Die
Wachstumsentwicklung im Euroraum ist allerdings seit einer langen Zeit
schrecklich, unterstreicht Whelan.
Es
gibt in den peripheren Volkswirtschaften eine Reihe von Faktoren, die das Wachstum
bremsen: (1) sie haben während des Booms an Wettbewerbsfähigkeit verloren, (2)
sie haben hohe Leistungsbilanzdefizite, gerade dann, wenn sie Schulden
zurückzahlen müssen, und (3) sie können die Währung nicht abwerten und (4) sie
verfügen über keinen Spielraum, die Nachfrage via Fiskalpolitik anzukurbeln.
Die
europäischen Politiker sprechen immer wieder von „Strukturreformen“, die das Wachstum steigern sollen, aber sie haben
in Wirklichkeit keine Vorstellung davon, wie die Reformen die Wirtschaft
ankurbeln können, hebt Whelan hervor.
Zum
Bankenproblem: Das europäische Bankensystem ist unterkapitalisiert. Während europäische Politiker nicht bereit
sind, die Verluste von Gläubigerbanken tragen zu lassen, haben private
Investoren kein Interesse daran, in risikoreiche Banken zu investieren, sodass
jedes Mitgliedsland im Endeffekt mit der Last der Rekapitalisierung der eigenen
Banken selbst ringen muss. Das Ergebnis sind grossflächige Geldabhebungen.
Die
meisten Roadplans verweisen daher auf
die Möglichkeit der Behandlung der Staatsschulden mit der Einrichtung von
Gemeinschaftsinstitutionen (federal
risk-sharing): „Die Idee ist jedoch politisch unpopulär“, betont Whelan.
Die Regierungen der Länder mit Schuldenproblemen plädieren für gemeinsame
Euro-Anleihen, euro-weite Einlagensicherung und Bankenrettungsfonds. Aber sie
sind nicht scharf darauf, gemeinsam Verantwortung für die Finanz- und
Bankenangelegenheiten zu teilen, argumentiert Whelan.
Dennoch findet Whelan den Beschlüsse des jüngsten EU-Gipfels
„überraschend gut“, weil (a) die Kommunique es akzeptiert, dass es zwingend notwendig ist, den Teufelskreis
zwischen Banken und Staaten zu brechen. Das ist eine entscheidende Erkenntnis. (b) die Aussage legt nahe, dass die
gemeinsamen europäischen Fonds, EFSF (früher) und ESM (von jetzt an), ihre
Ressourcen für den Ankauf von spanischen und italienischen Staatsanleihen
einsetzen und (c) es gibt eine
zunehmende Akzeptanz für die Notwendigkeit von Massnahmen, die das Wachstum
stimulieren.
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