Die
Renditen der Staatsanleihen fallen im Euro-Raum weiter. In Belgien,
Deutschland, Finnland, Frankreich, den Niederlanden und Österreich haben die Renditen inzwischen
zum Teil auch negative Werte verbucht.
Aber
auch ausserhalb des Euro-Raums erreichen die Renditen immer neue Tiefs. Zum
Beispiel in Dänemark, Grossbritannien und Schweden. In der Schweiz sind die
Geldmarktzinssätze seit einem Jahr negativ. Die letztgenannten Länder verfügen
über eigene Landeswährung.
Nun
tauchen plötzlich Möchtegern-Experten auf und behaupten, dass es sich dabei um
eine Blase handelt. Kaum glaubhaft. Es gibt aber andere Stimmen, wie die z.B.
von FT Alphaville. Die FT-Bloggers
vertreten seit geraumer Zeit mit aller Intensität die Ansicht, dass die
Renditen auf rekordtiefen Niveaus auf einen globalen Mangel an sicheren Anlagen
zurückzuführen sind.
Auch
der IWF in einem Bericht den Mangel an sicheren Anlagen
hervorgehoben. Die Idee, die dahinter steckt, ist, dass die langfristigen
Zinsen für die USA, Grossbritannien und jedes andere Land mit eigener Währung,
welche keine hohen Schulden in Fremdwährung hätten, die verzweifelte Suche der
Investoren nach sicheren Anlagen widerspiegele.
Japan
Staatsanleihen (10Jahre) Rendite, Graph: Prof. Paul Krugman
Es
mag sein. Aber die Ansicht leuchtet nicht ganz ein. Der wahre Grund ist „disaster economics“, wie Paul Krugman in seinem Blog beschreibt. Das
heisst die „katastrophale Wirtschaft“.
Die
vorherrschende Story ist einfach: die extrem niedrigen Zinsen und negative
Renditen reflektieren die Wahrnehmung am Markt, dass die Wirtschaft für eine
lange Zeit depressiv bleibt. Man braucht nur einen Blick auf Japan zu werfen. Das japanische
Beispiel zeigt dieses Syndrom, dass es damals eindeutig keinen Mangel an
sicheren Anlagen geherrscht hat und nur wenige Menschen sprachen über einer
Katastrophe sprachen.
Die
Suche nach sicheren Anlagen ist sekundär, erklärt Krugman. Der Hauptgrund ist,
da die grossen Volkswirtschaften für eine lange Zeit depressiv bleiben dürften,
dass daher auch die kurzfristigen Zinsen für eine lange Zeit niedrig bleiben
werden, was bedeutet, dass die langfristigen Zinsen, weil sie ja vorwiegend
durch die kurzfristigen Zinsen reflektiert werden, derzeit niedrig verlaufen.
In
Japan war es eine ausserordentlich
lange Zeit, wo die niedrigen Renditen verharrten. Im Übrigen trotz Japans
Herabstufung durch die Rating-Agenturen. Was die japanische Erfahrung lehrt,
ist, dass die mangelhafte Versorgung mit sicheren Anlagen, zum Beispiel im Jahr
2005, als die Investoren an die Tugenden von „toxic waste“ glaubten, keine
Rolle gespielt zu haben scheint. Der entscheidende Punkt ist laut Krugman, dass
diejenigen, die damals japanische Staatspapiere kauften, eine Menge Geld
verdient hatten, weil die kurzfristigen Zinsen nahe Null lagen.
Gavyn Davies vertritt in einem lesenswerten
Artikel („Bond yields and disaster risk
premia“) in FT, dass es sich bei den ausserordentlich
niedrigen Renditen der Staatsanleihen weder um eine Blase am Anleihemarkt noch
um einen Mangel an sicheren Anlagen handelt.
Gavyn
deutet darauf hin, dass das Term Premium
in den vergangenen 18 Monaten um 100-150 Basispunkte gefallen ist. Er
bezeichnet es als „economic disaster risk
premium“, was in den Anleihemärkten von Investoren eingepreist werde, dass
die Chancen von sehr tiefen Rezession viel grösser seien als bisher angenommen.
Gavyn
erklärt die niedrigen Renditen daher mit der Wahrnehmung der Wahrscheinlichkeit
einer wirtschaftlichen Katastrophe (definiert als ein Rückgang des realen BIP
um 10%) durch die Investoren. Das Erscheinen eines „disaster risk“ erhöht die Wahrscheinlichkeit eines „tail event“, d.h. eines Ereignisses mit
einer sehr geringeren Eintrittswahrscheinlichkeit, aber mit einer sehr grossen
Schadenshöhe.
Fazit: Die gegenwärtige Lage am Anleihemarkt
(sprich: ausserordentlich niedrige und zum Teil negative Rendite für
Staatsanleihen) hat mit einer „Bond-Blase“ nichts zu tun. Es geht auch nicht um
einen „Mangel an sicheren Anlagen“. Der Grund ist „katastrophale Wirtschaft“,
bzw. das von Investoren wahrgenommene „disaster
risk“, dass die depressive Wirtschaft für eine lange Zeit anhalten dürfte.
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