Die
Behörden sind aufgrund von langen Ermittlungen zum Schluss gekommen, dass Barclays die Marktzinsen manipuliert hat.
Die britische Bank ist deshalb vergangene Woche zu einer Strafe von 290 Mio.
Pfund verurteilt worden. Die Europäische Kommission ermittelt in dieser
Angelegenheit seit Herbst 2011 wegen desselben Verdachts gegen andere Banken.
Bob Diamond, Chef der Bank ist daraufhin zurückgetreten.
Mervyn King, der Gouverneur der Bank of England (BoE) und Adair Turner, der
Chef der Financial Services Authority sollen den Rücktritt von Diamond telefonisch
nahegelegt haben, berichtet FT aus London.
Diamond
hat zunächst versucht, mit der Vorlage einer Notiz aus dem Jahr 2008, auf ein
Telefongespräch mit Barclays von Paul Tucker, dem Vize-Vorsitzenden
der Bank of England (BoE) hinweisend, den Eindruck zu hinterlassen, als ob die
BoE von Libor-Manipulationen gewusst hätte.
Diamond
hat sich jedoch in einer Anhörung im britischen
Parlament in dieser Hinsicht ziemlich zurückgezogen. Er habe nicht gedacht,
dass der Anruf eine Instruktion gewesen sei. Im Telefonat sei es um die
Wahrnehmung gegangen, dass die Regierung aufgrund der Libor-Daten-Meldungen der
Bank annehme, dass die Bank Refinanzierungsprobleme hätte, während die Bank sich
angemessen refinanziert habe, so Diamond.
Zur
eigenen Verteidung argumentierte Diamond aber, dass die Motivation gewesen sei,
den Ruf der Bank (vor „negativer Spekulation“) zu schützen und nicht auf den
endgültigen Referenzzinssatz Einfluss zu nehmen.
Obwohl
die Bank zugibt, falsche Daten (d.h. im Klartext „zu tiefe“ Werte) für die Ermittlung
des Libor-Satzes an den British Banker’s Association (BBA) gemeldet zu haben,
vertritt Diamond die Ansicht, dass die Meldungen der anderen Banken damals im
Angesicht der Marktturbulenzen relativ „zu tief“ gewesen seien. BBC berichtet,
dass die britische Aufsichtsbehörde (FSA) inzwischen Diamond in dieser Hinsicht „einen Lügner“ nennt.
Diamond
beschuldigt im Grunde genommen die Regulierungsbehörden, gegen die Unterbietung
von Daten für die Libor-Ermittlung nichts unternommen zu haben.
Der
Libor ist der Referenzzinssatz, zu dem sich Banken untereinander kurzfristig
Geld leihen. Der Libor, der als Referenz für Kredite an Unternehmen, private
Kunden und diverse Finanzprodukte gilt, bildet weltweit die Basis für
Wertpapiere im Volumen von 350‘000 Mrd. Euro. Es handelt sich dabei um eine Art
Zinskosten für unbesicherte Bankdarlehen.
Zentralbanken
verwenden Libor, um herauszufinden, wie viel Geld sie in das Finanzsystem
pumpen müssen. Der Libor ist m.a.W. einer der wichtigsten Massstäbe, wenn nicht
der wichtigste, für die finanzielle Stabilität. Herrschen Spannungen im Markt,
erhöhen Banken die Zinssätze für unbesicherte Kredite an Kontrahenten. Für eine
Zentralbank, die die Rolle von lender of
last resort (Kreditgeberin der letzten Instanz) wahrnimmt, bedeutet das
Ganze, parat zu sein, mehr Liquidität in das System zu schleusen, und zwar viel
lockerer als in normalen Zeiten. Das Problem ist also, dass der Libor nicht
ignoriert werden darf, wie Claire Jones
in Money Suppy, Blog von FT schildert.
Die
wahren Kreditkosten (Refinanzierungskosten) arglistig zu verschleiern, ist Manipulation
und Preisabsprachen sind kriminell, wie Yves Smith in ihrem Blog hervorhebt.
Die
grössten Opfer sind, zumindest in den USA, wie Darrell Preston (via Barry Ritholtz) in einem langen
Bericht in Bloomberg erklärt, die Städte und
andere Kommunen, die regelrecht skalpiert wurden.
Die
in finanzieller Hinsicht ahnungslosen lokalen Behörden wurden von den
Grossbanken ausgebeutet, wie Joseph
Stiglitz beschreibt. Die Empörung gilt also nicht nur für die hohen
Transaktionskosten, sondern auch für die Tatsache, dass das eingegangene Risiko
von den betroffenen Behörden nicht verstanden wurde. Es ist daher laut Bill Black die grösste
Preismanipulation in der Weltgeschichte. Robert
Skidelsky sagte heute morgen in einem Interview mit Bloomberg TV, dass der Skandal zeige, wie korrupt der
Bankensektor ist.
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