Jeffrey Sachs geht in einem Artikel („Move America’s economic debate out of its
time warp“) in FT ziemlich polemisch mit Paul Krugman
ins Gericht.
„Im keynesianischen Weltbild von Krugman gibt es keine strukturellen Herausforderungen, nur mangelnde gesamtwirtschaftliche Nachfrage. Es gibt keine Schuldenproblematik der öffentlichen Hand. Es gibt keine globale Herausforderung in Bezug auf die Wettbewerbsfähigkeit, da Wettbewerbsfähigkeit ein Mythos ist, was die nationalen Volkswirtschaften angeht. Multiplikatoren sind vorhersehbar, zeitlos, persistent und gross. Alle Umschwünge des Wachstums können durch höhere Haushaltsdefizite gelöst werden. Politikern ist der Entwurf von kurzfristigen Konjunkturprogrammen von Hunderten von Milliarden Dollar zuzutrauen. Steuersenkungen sind ungefähr so gut wie die Erhöhungen von Staatsausgaben und kurzfristige Steigerung von Ausgaben ist ungefähr so gut wie langfristige öffentliche Investitionen. Nicht einer dieser Schlussfolgerungen besteht die Prüfung“.
„Warum sind wir zu dieser nichtssagenden Debatte zwischen einem free-market-Extremismus und einer keynesianischen Oberflächlichkeit gekommen, die keine der Feinheiten, Trade-off und Unsicherheiten über die tatsächliche Situation thematisieren“.
„Die Welt steht vor neuen Problemen auf globaler Ebene und Neuheit ist schwer in die Volkswirtschaft einzubeziehen, welche ein starrer, ideologisch, theoretisch fundierter, weitgehend rückwärts gewandter Bereich ist“.
Krugman
ist genau so wie Brad DeLong
verblüfft. DeLong schreibt in seinem Blog, dass er in Sachs Argumentation kaum etwas findet, womit er
einverstanden sei. Krugmans konsequente Linie sei nie gewesen, dass wir keine
strukturelle Probleme hätten, hebt der an der University of California, Berkeley lehrende Wirtschaftsprofessor
hervor.
Sachs
ist gegen fiskalische Impulse (d.h. Konjunkturpakete). Das kann man natürlich
gelten lassen. „Aber sein Argument ist eine Reihe von Ungereimtheiten“,
unterstreicht Krugman. „Leider spielen die gleichen Ungereimtheiten eine
ziemlich bedeutende Rolle in der politischen Debatte“.
Abgesehen
von der irreführenden Darstellung der keynesianischen Sicht lassen sich Sachs
Argumente und die Argumente von anderen auf die Behauptung zusammenfassen, dass
wir nicht nach einem Mittel gegen den Nachfrageausfall
suchen müssen, weil die Wirtschaft langfristige Probleme hat. Welchen Sinn
kann dies ergeben?, antwortet Paul Krugman in seinem Blog.
Man
denke an die Metapher, die Krugman in seinem Buch
„End This Depression Now!“ verwendet: „magneto
trouble“.
Keynes
hat argumentiert, dass die Grosse Depression als ein Versagen im PKW-Boardnetz
betrachtet werden könnte. Stellen Sie sich eine Situation vor, wo das Auto
nicht anspringt, weil die Batterie leer ist. Das heisst, dass man es mit einer
ziemlich trivialen und einfachen Intervention wieder zum Laufen bringen kann,
indem man eine neue Batterie kauft, welche nur einen winzigen Bruchteil des
Preises eines neuen Autos kostet.
Krugman
will damit nicht verneinen, dass es mit dem Auto andere Probleme geben mag,
vielleicht sogar noch grössere. Vielleicht braucht es neue Bremsen oder ein
neues Getriebe, und es müsste bald besser gewartet werden.
Welchen
Sinn macht es aber, zu sagen, dass wir daher jetzt nicht damit anfangen sollen,
die Batterie zu ersetzen?
PS:
„magneto trouble“ ist ein altmodischer
Begriff, um das Problem mit dem elektronischen System eines Autos zu
beschreiben. In der modernen Welt dürfte man analog eher von einem
Software-Problem reden. Keynes hat in einer seiner Analysen der Grossen
Depression einmal erklärt, dass die Wirtschaft unter „magneto trouble“ leide.
Der Punkt ist, dass das Problem nicht den Motor der Wirtschaft betrifft. Der Motor
ist kraftvoll wie immer. Wovon die Rede ist im Grunde genommen, dass es sich
dabei um ein technisches Problem handelt, ein Problem der Organization und der
Koordination: eine „enorme Ungereimtheit“.
Die Ursprünge des Leidens
sind in der allgemeinen Gegebenheiten relativ trivial, beschreibt Krugman in
seinem Buch, und es könnte schnell und fair gelöst werden, wenn genügend Leute
mit Amtsgewalt die Realitäten verstehen würden. Jahrzehnte lange schlechte
Wirtschaftspolitik und schlechte Ideen haben nämlich die Wirtschaft in eine
Depression geführt.
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