(Nur für Streber)
Paul Krugman schreibt in seinem Blog seit einer geraumer
Zeit, warum es im Euroraum vorübergehend einer etwas höheren Inflation bedarf,
um die Probleme anzupacken.
Der
an der University of Princeton lehrende
Wirtschaftsprofessor hatte bereits vor einem Jahr
deutlich davor gewarnt, dass das Catering
der EZB, dem deutschen Wunsch für niedrige Inflationsrate zu entsprechen, sehr
zu Lasten der Peripherie gehe, wo die Probleme unlösbar werden.
Man
stelle sich zwei Szenarien vor: im Szenario A hat Deutschland eine Inflation von 2% und Spanien hat eine Deflation von 2%. Dies impliziert eine allgemeine
Inflationsrate in der Eurozone von 1%. Im Szenario B hat Deutschland eine
Inflation von 4% und Spanien hat null Prozent Inflation. Dies impliziert eine
allgemeine Inflationsrate von 3% in der Eurozone.
Man
beachte dabei die Annahmen: (1) Die deutsche Wirtschaft ist 3x so gross wie die
spanische Wirtschaft, sodass Deutschlands Inflation ¾ der allgemeinen
Inflationsrate in der Eurozone ausmacht, während Spaniens Inflation ¼ davon
beträgt. (2) In der Vergangenheit sind die Löhne und Preise in Spanien um 20%
(logarithmisch) stärker gestiegen als in Deutschland.
Das
Ziel ist nun, die relativen Preise
und Löhne im Lauf von 5 Jahren in
Einklang zu bringen. Wie kann das geschehen? Eine Möglichkeit ist, dass die
Inflation in Deutschland in diesem Zeitraum um 4% höher steigt als in Spanien.
Heute
liefert Krugman in seinem Blog ein kleines stilisiertes Modell in Verbindung
mit der Inflaton und des Anpassungsproblems der Geldpolitik für die gesamte
Eurozone. Das Ziel ist, das ganze Geschehen ins makroökonomische Licht zu
rücken, damit die gegenwärtige Problematik besser verständlich wird.
Ein
kleines stilisiertes Modell für den gesamtwirtschaftlichen
Angebot-Nachfrage-Rahmen, Graph 1:
Prof. Paul Krugman
AD:
gesamtwirtschaftliche Nachfragekurve, AS: gesamtwirtschaftliche Angebotskurve
Man
stelle sich jetzt einen Währungsraum (currency
area) mit nur zwei Ländern vor: Spanien
und Deutschland.
Auf
der Nachfrage-Seite:
Krugman
trifft zwei Annahmen: (1) Die EZB kann das nominelle BIP steuern, für den
ganzen Euroraum. Es ist eine sehr problematische Annahme, v.a. wenn die
Wirtschaft in einer Liquiditätsfalle steckt. Es ist aber vorteilhaft, das nominelle BIP als „proxy“
für das gesamte Spektrum der möglichen expansiven Wirtschaftspolitik der EZB zu
verwenden.
Die
Annahme bedeutet, dass Py=Y ist,
wobei P das Preisnniveau, y das reale BIP und Y das nominelle BIP darstellen.
(2)
Cobb-Douglas Produktionsfunktion: Das heisst, dass ein fester Anteil der
Gesamtausgaben auf Spanien und Deutschland entfallen. Das muss nicht sein. Aber
es bedeutet, dass die individuellen AD-Kurven
der Länder diesen festen Anteil an Gesamtausgaben widerspiegeln.
Auf
der Angebot-Seite:
Krugman
nimmt an, dass die Preise nach oben flexibel sind, nach unten aber nicht, wegen
der starren Nominallöhne (nominal wage rigidity), sodass die AS-Kurve
in jedem Land die Form eines umgekehrten L hat.
Und
das Modell sieht dann wie folgt aus.
Ein
kleines stilisiertes Modell für den gesamtwirtschaftlichen
Angebot-Nachfrage-Rahmen, Graph 2:
Prof. Paul Krugman
Spaniens
Wirtschaft ist in einer tiefen
Depression, während Deutschlands Wirtschaft sich nahe Vollbeschäftigung befindet.
Wie
kann Spanien Vollbeschäftigung wiederherstellen? Die gegenwärtige EU-Strategie
ist: „internal devaluation“, was bedeutet, dass Spanien die Löhne radikal kürzen
muss, um an Wettbewerbsfähigkeit zu gewinnen. Es sieht durch die Verschiebung
der spanischen AS-Kurve (rot) nach
unten dargestellt.
Das
Problem mit dieser Strategie ist zweifach: es ist wirklich sehr schwer,
Lohnkürzungen herbeizuführen, und die Deflation
in Spanien verschlimmert das Problem, wegen Überhang an Schulden.
Was
ist die Alternative?
Eine
aggressiv expansive Geldpolitik, welche die AD-Kurve in beiden Ländern nach rechts verschiebt. Das führt dazu,
dass in Spanien (a) die Produktion, (b) die Beschäftigung wachsen, und in
Deutschland (c) die Inflation steigt.
Ein
kleines stilisiertes Modell für den gesamtwirtschaftlichen
Angebot-Nachfrage-Rahmen, Graph 3:
Prof. Paul Krugman
Es
bedeutet also ein Anstieg des Preisniveaus im Euroraum, wegen der Asymmetrie
zwischen den Auswirkungen der hohen Nachfrage und der niedrigen Nachfrage im Angesichts
der starren Nominallöhne (wage stickiness).
In
der Praxis würden sich diese Entwicklungen selbst abspielen, legt Krugman
überzeugt dar. Dem Pfad der Nachfrage zu folgen, bedeutet, dass die EZB vorübergehend eine höhere Inflation
zulassen müsste.
Der
Unterschied zwischen zwei Strategien zeigt, welche eine schlechte Idee es ist,
wenn die EZB sich ausschliesslich am Mandat Preisstabilität orientiert, ohne
die Realwirtschaft zu berücksichtigen.
Fazit: Das Ergebnis des Modells
steht auf keinen Fall im Widerspruch mit der Argumentation, die Krugman in
seinem Blog bisher vorgetragen hat. Es ist trivial, aber es legt nahe, dass die
EZB einen Weg finden muss, den
Fesseln der Preisstabilität zu entkommen.
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