Dienstag, 17. Juli 2012

Europäische Union der negativen Renditen


Während viele politische Entscheidungsträger und einige Ökonomen weiterhin die Austäritätspolitik fördern und Inflationsangst pflegen, schleichen sich negative Renditen in Europa allmählich ein. In Belgien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, den Niederlande und der Schweiz werfen Staatspapiere am kurzen Ende der Ertragskurve negative Renditen ab.

In der Schweiz hat sich heute auf der Auktion von Geldmarktpapieren mit 3 Monaten Laufzeit (18 Okt 2012) erneut eine negative Rendite ergeben. Während die Gebote sich auf 2 Mrd. Franken beliefen, hat die schweizerische Finanzverwaltungsbehörde 475,5 Mio. Franken zu einer negativen Rendite von -0.699% zugeteilt. Es war unterdessen die 49. Versteigerung in Folge mit einer Minus-Rendite.

Dass die staatliche Schuldenkrise, die derzeit in Europa beobachtet wird, mit einer unverantwortlichen Haushaltsführung nichts zu tun hat, zeigt die Ausgabe eines kurzfristigen Schuldpapiers durch den europäischen Krisenfonds EFSF zu einer negativen Rendite von -0,0113%.

Der EFSF hat heute mit dem Verkauf einer Schuldverschreibung mit 6 Monaten Laufzeit in Höhe von rund 1,49 Mrd. Euro sogar Geld verdienen können. Die Nachfrage hat auf der Auktion das Angebot um das 3-fache übertroffen. Das heisst, dass die Anleger darauf zahlen, um die Haushaltsdefizite in Europa finanzieren zu können.

Die Verschlechterung der öffentlichen Haushaltssituation in Europa ist eine Folge, nicht die Ursache der Krise. Es ist also abwegig, verschwenderische Haushaltsführung für das Problem verantwortlich zu zeichnen. Die Staaten waren nach dem Zusammenbruch der Spekulationsblase an der EU-Peripherie gezwungen, die Schulden des privaten Sektors (v.a. die der Banken) zu übernehmen, was zu einem Anstieg der Staatsverschuldung und Haushaltsdefizite geführt hat.

Die empirische Evidenz legt also nahe, dass die Inflationsangst unbegründet ist und die Austeritätspolitik nicht funktioniert. Eine übertriebene Haushaltskonsolidierung in einer Bilanzrezession (balance sheet recession) schwächt die Wirtschaft.

Die Inflation stellt auch auf der anderen Seite des Atlantiks derzeit keine Gefahr dar. Ganz im Gegenteil: Das Risiko einer Deflation im japanischen Stil beginnt, zum ersten Mal seit zwei Jahren zu steigen, schreibt Ed Dolan in seinem Blog.

Die heute von Bureau of Labor Statistics (BLS) vorgelegten Zahlen besagen, wie es um die Inflation in den letzten Jahren geschehen ist. Um zu erfahren, was die Marktteilnehmer in Bezug auf das zukünftige Inflation oder Deflation erwarten, ist es hilfreich, einen Blick auf das Inflation Project der Atlanta Fed zu werfen.


US Deflation Wahrscheinlichkeit, Graph: Prof. Ed Dolan

Die Abbildung fasst die Entwicklung von Deflationserwartungen zusammen, und zwar in den letzten paar Jahren. Im Jahre 2010, als die Inflation monatlich gegen Null lief, betrug die Wahrscheinlichkeit, dass der CPI am 15 April 2015 tiefer wäre als am 15. April 2010. Dann ist die Inflation etwas angestiegen, sodass sich die Deflationsgefahr verringert hat.

Der Fall 15% hört sich nicht wie ein grosses Risiko an, aber man merke, dass die Abbildung die Wahrscheinlichkeit misst, nicht einen kurzen Rückgang im Konsumenten-Preisindex (CPI), sondern eine nachhaltige Deflation wie in Japan.

Keine Kommentare: