Die
EZB hat am Donnerstag den
Zinssatz für die Hauptrefinanzierungsgeschäfte auf 0,75%, den
Zinssatz für die Spitzenrefinanzierungsfazilität auf 1,50 und den
Zinssatz für die Einlagefazilität auf 0,0% gesenkt.
1,50% ist der Zinssatz, zudem die Banken
bei der EZB über Nacht Kredit in Anspruch nehmen dürfen. 0,0% ist der Zinssatz, zudem die Banken ihre Guthaben bei der EZB
anlegen können.
Das
heisst, dass die Banken, wenn sie ihre Liquidität bei der EZB parken, von jetzt
an Null Prozent Zinsen gutgeschrieben bekommen. Wenn sie bei der EZB einen
Kredit holen, dann müssen sie nur noch 1,5% zahlen. Bisher lag der Zinssatz bei
1,75%.
Die
Senkung des Refi-Satzes unterstützt Banken mit schwachen Mitteln. Die
Refinanzierungskosten über verschiedene Repo-Organisationen der EZB werden damit
auf 0,75% gesenkt, was dazu führen könnte, dass die Banken ihre Zinssätze für
neue Kreditnehmer senken.
Die
Senkung des Zinssatzes für die Einlagefazilität auf 0,0% bedeutet zugleich eine
Bestrafung der Banken mit starken Mitteln, wie Laurence Mutkin, Morgan Stanley in seiner aktuellen
Analyse beschreibt. Die Banken, die bisher von der Einlagefazilität rege
Gebrauch gemacht haben, sind nun sicherlich nicht bereit, die Einlagen bei
Kunden (non-banks) zu Null Prozent
aufzunehmen und zu Null Prozent bei der EZB anzulegen. Das heisst im Klartext,
dass die Arbitrage für die Banken von jetzt an verlustig geht.
Die
Banken würden nunmehr eine Art Gebühr für die Entgegennahme von Einlagen verlangen
oder andere kurzfristige Anlagen suchen, um zu investieren. Eine Wiederbelebung
der Kreditvergabe wäre in diesem Fall ganz im Sinne der EZB.
EZB-Präsident
Mario Draghi will nämlich mit der Senkung sowohl des Refi-Satzes als auch der Habenzinsen
die schwächeren und stärkeren Teile des als „fragmentiert“ beschriebenen Bankensystems im Euro-Raum angehen.
Auf
dem Interbankengeldmarkt (wholesale money market funding), wo die
kurzfristige Refinanzierung der Banken stattfindet, stellt sich jetzt die
Frage, wie die Reaktion auf die Nullzinsgrenze fallen wird. Wenn Repo-Sätze und
Rendite von Schatzwechseln ins Negative abrutschen, käme es zu einer
unmittelbaren Rückkopplung auf die Sicherheiten (collateral), die im Repo-Geschäft hinterlegt werden. Fallen die
Renditen von Sicherheiten ins Minus, dann dürfte es Sinn machen, Cash zu
behalten, als Sicherheiten zu hinterlegen.
Bemerkenswert
ist, dass EZB-Chef Draghi am Donnerstag auf der Pressekonferenz im Anschluss
des Zinsbeschlusses nicht ausgeschlossen hat, dass die Zinsen weiter gesenkt
werden könnten, was die Tür für unkonventionelle geldpolitische Optionen offen
lässt. Das heisst, dass auch eine mengenmässige Lockerung der Geldpolitik (QE: quantitative
easing) für die EZB in Frage kommen dürfte.
Vor
diesem Hintergrund sehen aber non-banks
schlecht aus, da sie nicht einmal in der Lage wären, zu Null-Zinsen zu kommen.
Es winken m.a.W. negative Realzinsen.
Aufgrund
der Senkung der Einlagefazilität auf Null Prozent ist mit einer ziemlicher
Sicherheit zu erwarten, dass nun viel mehr Cash in kurz laufende
Anlageinstrumente fliessen wird, mit dem Ergebnis, dass negative Renditen entstehen.
JPMorgan hat daher gestern sofort
mitgeteilt, dass Zahlungen und Umschichtungen in gewisse Fonds gestoppt werden,
um die bestehenden Investoren "vor Verwässerung der Erträge zu schützen". Die
amerikanische Investmentbank hat in diesem Zusammenhang fünf Fonds (liquiditätsbezogene)
in Europa für neue Kunden geschlossen. Der Euro Liquidity Fund (via FT Alphaville) war neulich zu 41,5%
in Commercial Papers investiert.
Auch
Goldman Sachs (Euro Government Liquid Reserves Fund) und BlackRock (zwei Fonds) haben gestern sofort nach dem Zinsbeschluss der EZB eigene Fonds für
neue Investitionen geschlossen.
Fazit: Für die Geldmärkte in Euro
zeichnet sich eine Zeit mit negativen Renditen ab. Die Frage ist, wie die non-banks damit umgehen. Werden sie Gelder
aus dem System herausholen? In der Schweiz ergeben sich bei Auktionen von Geldmarktpapieren
mit 3 Monaten Laufzeit bereits seit einem Jahr negative Renditen. In den USA
liegt fast die gesamte reale Zinsstrukturkurve von TIPS (inflationsgeschützte
Staatsanleihen) im negativen Bereich.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen