Martin Wolf erklärt in seinem Blog bei FT die konservative Konterrevolution, welche mit den Namen Ronald Reagan und Margaret Thatcher verbunden ist, für beendet. Die Grosse Rezession markiere nun fast sicher ihr Ende, argumentiert Wolf. Was folgt, ist aber unklar. Das sei eine gute Gelegenheit, die breiten wirtschaftlichen Folgen zu beurteilen, so der Chef Wirtschaftskommentator von Financial Times aus London. Wolf fokussiert dabei auf das BIP von sechs grössten Vollkswirtschaften: USA, Japan, Deutschland, Grossbritannien, Frankreich und Italien. Es gebe aber viel mehr Wertentwicklung als das BIP. Die BIP-Daten ignorieren nämlich die Einkommensverteilung, was von entscheidender Bedeutung ist, v.a. für die USA, wo ein grosser Teil des Einkommens dem Wohlhabendsten zu Gute kommt.
Die Daten ignorieren ferner auch die tiefen Ursachen der Veränderungen im BIP pro Kopf: Output pro Stunde, Stunden pro Arbeitnehmer und Beschäftigung. Dennoch sind sie aufschlussreich, erklärt Wolf. Der wichtigste Punkt ist, dass die USA seit über einem Jahrzehnt auf der Stelle treten, argumentiert Wolf. Auch Deutschland, Frankreich und Italien verbuchen einen erheblichen relativen Rückgang des BIP pro Kopf in diesem Zeitraum. Grossbritannien war das einzige von diesen fünf Ländern, welches das BIP prof Kopf gesteigert hat, im Verhältnis zu den USA seit 1990, so Wolf.
Auf den ersten Blick scheint die konservative Revolution einige Verbesserungen in der zuvor rückständigen Volkswirtschaften USA und Grossbritannien erreicht zu haben. Aber der Zaubertrank begann in den 2000er Jahren an Wirksamkeit zu verlieren, v.a. in den USA, hält Wolf fest. Wie kam es aber zum Ausrutscher? Wolf macht zwei Gründe dafür aus: (1) Die Expansion des Finanzsektors und die damit verbundende Verschuldung der privaten Haushalte hat eine grosse Rolle für das Wachstum der Volkswirtschaften in den USA und Grossbritannien gespielt. Wie konnte aber das von diesen beiden Entwicklungen angetriebene Wachstum zu einem Fata Morgana drehen? Der Finanzsektor hat Geld und Kredit geschaffen, nicht nur um sich Gebühren zahlen zu lassen, sondern auch den Bau-Boom zu finanzieren. Das nächste Jahrzehnt wird jetzt mit dem Schuldenabbau (de-leveraging) in den USA und Grossbritannien konfrontiert sein. Die Bereitschaft hingegen, den öffentlichen Sektor wirksam einzusetzen, scheint an wirtschaftliche und politische Grenzen zu stossen, argumentiert Wolf. (2) Die USA und Grossbritannien haben in den letzten Jahrzehnten erhebliche Leistungsbilanzdefizite eingefahren. Das hat zu einer relativen Schrumpfung des verarbeitenden, kapitalintensiven Sektors geführt, erklärt Wolf. Das habe wiederum den beiden Volkswirtschaften erlaubt, recht schnell zu wachsen, trotz der relativ niedrigen Investitionen in Sachkapital. In den kommenden zehn Jahren wird sich das voraussichtlich umkehren. Sparen und Investitionen müssen erheblich steigen, um das Wachstum aufrechtzuerhalten. Geschieht das nicht, würde sich das Wachstum verlangsamen.
Fazit: Bubbles induzieren schwere Überschätzungen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Könnte das nächste Jahrzehnt also Deutschland und Japan gehören? „Das würde mich nicht überraschen“, bemerkt Wolf als Schlussfolgerung und fügt hinzu: „Erwarte das Unterwartete“.
1 Kommentar:
Es wäre eher unwarscheinlich wenn das nächste Jahrzehnt Deutschland und Japan gehören würde. Ein einfacher Blick auf die Reproduktionsdaten der Population dieser Länder genügt,auch fehlt bisher jegliche Bereitschaft dieses Problem seriös zu lösen .
Faam
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