Es
wurde plötzlich leicht, zu sehen, wie der Euro (das grosse fehlerhafte
Experiment in einer Währungsunion ohne politische Union) aus den Fugen geraten
kann, schreibt Paul Krugman in seiner
lesenswerten Kolumne („Apocalypse Fairly
Soon“) am Freitag in NY Times.
Dinge
könnten mit einer atemberaubenden Geschwindigkeit auseinanderfallen, in einer
Angelegenheit von Monaten, nicht von Jahren. Und die Kosten, sowohl ökonomisch
als auch, wohl wichtiger, politisch, könnten riesig sein.
Das
muss nicht sein. Der Euro oder zumindest der grösste Teil davon könnte noch
gerettet werden. Aber es erfordert, dass die EU-Politiker, insbesondere in Deutschland und bei der EZB beginnen, zu handeln, und zwar
anders als in den letzten paar Jahren. Sie müssen damit aufhöhren, eine
Moralfabel zu erzählen und der Realität ins Auge sehen und sie müssen mit
Hinhalte-Taktik aufhören und für einmal der Zeit vorausgehen, legt der Träger
des Wirtschaftsnobelpreises (2008) dar.
Was
bisher geschah: Als der Euro eingeführt wurde, gab es eine grosse Welle des
Optimismus in Europa. Und wie es sich herausstellte, war es das Schlimmste, was
hätte passieren können. Geld strömte nach Spanien und in die anderen Länder, wo
die jeweiligen Staatsanleihen als sichere Anlage angesehen wurden. Die
Kapitalflut hat riesige Immobilienblasen und riesige Defizite in der
Handelsbilanz entstehen lassen. Dann versiegte der Kapitalstrom mit der Finanzkrise von 2008, was zu schweren
konjunkturellen Einbrüchen in den Ländern, die bisher boomten, geführt hat.
Europas
Antwort war Sparpolitik: heftige
Ausgabenkürzungen, um die Anleihemärkte zu beruhigen. Doch wie jeder
vernünftige Ökonom hätte sagen können, vertieften die Kürzungen die Depression in den angeschlagenen
Volkswirtschaften Europas, was das Vertrauen der Investoren weiter untergraben
und zu einer wachsenden politischen Instabilität geführt hat, erläutert der an
der University of Princeton lehrende
Wirtschaftsprofessor.
Und
dann kommt der Moment der Wahrheit.
Griechenland
steht für den Moment im Mittelpunkt. Griechenland kann aber die Politik, die
von Deutschland und der EZB gefordert werden, nicht umsetzen. Was jetzt? Was
Griechenland gegenwärtig erlebt, ist, eine Art Bank Run in Zeitlupe (d.h. „bank jog“): immer mehr Anleger heben in
Erwartung eines möglichen Euro-Austritts Griechenlands Gelder ab. Die EZB
finanziert den Bank-Run durch die Kreditvergabe an griechische Banken. Wenn die
EZB entscheidet, keine Kredite mehr zu vergeben, dann wird Griechenland
gezwungen sein, den Euro aufzugeben und eine eigene Währung einzuführen,
erklärt Krugman.
Dann
käme es zu einem Ansturm auf die Banken in Spanien und Italien. Die EZB müsste
noch einmal entscheiden, ob sie mit unbestimmtem Ende die Banken finanziert
oder nicht. Ein Nein würde bedeuten, dass der Euro als Ganzes in die Luft
fliegt.
Doch
die Refinanzierung allein reicht nicht aus. Italien, und insbesondere Spanien
müssen in einem Umfeld der Wirtschaft mit einer gewissen hinreichenden Aussicht
darauf, aus der Austerität und der Depression zu kommen, Hoffnung gegeben
werden. Die einzige Möglichkeit dafür ist, dass die EZB sich von der Besessenheit von Inflation
verabschiedet und für ein paar Jahre eine Inflation von 3 bis 4% in Europa (und
mehr als in Deutschland) akzeptiert.
Sowohl
die Zentralbanker als auch die Deutschen verabscheuen jedoch die Idee. Aber es
ist die einzige vernünftige Art und Weise, den Euro zu retten, hält Krugman
fest. Seit zwei- und einhalb Jahren machen die EU-Politiker in Bezug auf die
Krise halbe Sachen. Doch sie haben von dieser Zeit keinen Gebrauch gemacht.
Jetzt ist die Zeit abgelaufen.
Das
Scheitern des Euro würde eine enorme Niederlage für das breitere europäische
Projekt bedeuten, für den Versuch nämlich, Frieden, Wohlstand und Demokratie in
einen Kontinent mit einer schrecklichen Geschichte zu bringen, fasst Krugman
als Fazit zusammen.
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