Paul Krugman berichtet in seiner lesenswerten
Kolumne („Easy Useless Economics“) am
Freitag in NY Times,
dass er kürzlich eine autoritativ-klingende Analyse in The American Economic Review, einer der führenden Zeitschriften auf
dem Gebiet, gelesen hat, wonach die hohe Arbeitslosigkeit in den USA tief
strukturelle Wurzeln habe und daher für keine schnelle Lösung zugänglich sei.
Des
Autors Diagnose lautet, dass die US-Wirtschaft einfach nicht flexibel genug
sei, um mit dem raschen technologischen Wandel Schritt zu halten. Die
Forschungsarbeit übt besonders an Programmen wie Arbeitslosenversicherung Kritik
aus, weil sie den Anreiz, sich anzupassen, reduzieren.
Die
Arbeit stammt aus dem Jahr 1939. Nur
wenige Monate später, nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs, nach dem die
USA begonnen hatten, obwohl am Krieg nicht beteiligt, sich militärisch aufzurüsten,
und zwar ein Konjunkturpaket auf einer Skala von der Tiefe des konjunkturellen
Abschwungs bereitstellend. Und zwei Jahre nach der Veröffentlichung des erwähnten
Artikels über die Unmöglichkeit, Arbeitsplätze zu schaffen, ist die
Beschäftigung ausserhalb der Landwirtschaft in den USA um 20% gestiegen, was
heute 26 Mio. Jobs entspricht, erläutert Krugman.
Nun
ist die US-Wirtschaft in einer anderen Depression,
nicht so schlimm wie die letzte, aber schlimm genug. Und wieder einmal bestehen
massgeblich-klingende Daten darauf, dass unsere Probleme „strukturell“ sind, sodass sie nicht schnell behoben werden können.
Wir müssen uns auf die lange Sicht konzentrieren, sagen die Leute, die glauben,
dass sie verantwortlich handeln. Die Wahrheit ist aber, dass sie zutiefst
unverantwortlich agieren, legt der Träger des Wirtschaftsnobelpreises dar.
Was
heisst es aber, dass wir ein Problem der strukturellen Arbeitslosigkeit
haben? Die übliche Version ist, dass die amerikanischen Arbeitnehmer sich in
den falschen Branchen oder mit falschen beruflichen Fertigkeiten anstrengen. Raghuram Rajan von der University of Chicago urteilt in einem
viel zitierten Artikel, dass das Problem die Notwendigkeit ist, die
Arbeitskräfte von den „aufgeblähten“ Sektoren wie Wohnungswesen,
Finanz und dem öffentliche Sektor wegzubewegen.
Die
Beschäftigung im öffentlichen Sektor pro Kopf ist über Jahrzehnte mehr oder
weniger flach verlaufen. Unabhängig davon, was solche Geschichten nahelegen
wollen, hat der Verlust an Arbeitsplätzen seit Beginn der Krise nicht v.a. in
den Branchen, die in den Bubble-Jahren angeblich zu gross geworden sind,
stattgefunden, unterstreicht Krugman.
Arbeitsplätze
sind in allen Bereichen der Wirtschaft abgebaut worden, in fast jeder Branche
und jedem Beruf, so wie es in den 1930er Jahren passiert ist. Wenn das Problem
so wäre, dass viele Arbeitnehmer falsche berufliche Fertigkeiten hätten und im
falschen Sektor angesiedelt wären, müsste man erwarten, dass die Arbeitnehmer
mit richtigen beruflichen Fertigkeiten und im richtigen Sektor Lohnerhöhungen
erfahren würden. In Wirklichkeit gibt es nur wenige Gewinner unter
Arbeitskräften.
All
das deutet stark darauf hin, dass die Wirtschaft nicht eine Art Strukturwandel
erleidet, der allmählich seinen Lauf nimmt, sondern unter einem Mangel der
gesamtwirtschaftlichen Nachfrage leidet, hebt Krugman hervor. Das heisst, eine
Art Mangel, der schnell mit einem Konjunkturprogramm behoben werden könnte und
sollte, indem die öffentliche Hand die Ausgaben erhöht.
Was
hat es also mit dem obsessiven Druck auf sich, die Probleme „strukturell“ zu
bezeichnen? Die gegenwärtigen Probleme als tief und strukturell zu erklären,
ist ein Vorwand, nicht zu handeln, um nichts zu tun, um die Not der
Arbeitslosen zu lindern.
Das
ganze Gerede über die strukturelle Arbeitslosigkeit ist nichts anderes als, den
Tatsachen nicht ins Auge zu sehen, den realen Problemen der Wirtschaft aus dem
Weg zu gehen, den einfachen nutzlosen Ausweg zu suchen. Es ist Zeit, damit
aufzuhören.
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