Die
Franzosen erheben sich. Die Griechen auch. Das wird aber auch Zeit!, schreibt Paul Krugman in seiner lesenswerten
Kolumne („How dare the French and Greeks
reject a failed strategy!“) am Montag in NY Times.
In
den am Sonntag abgehaltenen Wahlen in beiden Ländern ging es im Grunde genommen
um die aktuelle europäische Wirtschaftsstrategie. Und die Wähler haben in
beiden Ländern zwei Daumen nach unten gestreckt. Es ist keineswegs klar, wie
schnell die Stimmen zu Veränderungen in der wirklichen Politik führen werden,
aber die Zeit wird eindeutig knapp für die Strategie der Erholung durch die Sparpolitik.
Und das ist eine gute Sache, hebt der Träger des Wirtschaftsnobelpreises
hervor.
Was
ist also die Alternative? Eine Antwort wäre die Auflösung der Gemeinschaftswährung.
Griechenland und Spanien fänden einen schnellen Weg, um die preisliche Wettbewerbsfähigkeit
wiederherzustellen und die Ausfuhren anzukurbeln, nämlich durch Abwertung, legt
Krugman dar.
Doch
Euro-Auflösung wäre höchst störend und würde eine grosse Niederlage für das „Projekt Europa“ bedeuten, die
langfristigen Bemühungen um Frieden und Demokratie durch eine engere
Integration zu fördern. Gibt es einen anderen Weg? Ja, es gibt einen anderen
Weg: die Deutschen haben es gezeigt, wie es auf diese Weise funktioniert.
Leider verstehen die Deutschen die Lehren aus ihrer eigenen Erfahrung nicht,
unterstreicht der an der University of
Princeton lehrende Wirtschaftsprofessor.
Deutsche Meinungsmacher
verweisen gern auf die eigene Wirtschaft, die in den früheren Jahren des
letzten Jahrzehnts im Trübsinn gesteckt, aber sich wieder erholt hatte. Was sie
nicht gern zur Kenntnis nehmen, ist, dass diese Erholung dank einem grossen Überschuss
in der deutschen Handelsbilanz zustande gekommen ist, und zwar vis-à-vis
anderen europäischen Ländern, insbesondere den Ländern, die sich heute in einer
Krise befinden. Diese Länder hatten damals eine boomende Wirtschaft und eine
über dem normalen Niveau verlaufende Inflation, dank niedrigen Zinsen.
Die
Länder, die in Europa in einer Krise stecken, wären wohl in der Lage,
Deutschlands Errungenschaft von damals nachzuahmen, wenn sie auch einem
vergleichbar vorteilhaften Umfeld gegenüberstünden. Das heisst, dass es diesmal
der Rest Europas wäre, vor allem Deutschland, wo es einen inflationären Boom
gäbe.
Deutschlands
Erfahrung ist daher kein Argument, wie die Deutschen sich vorstellen,
einseitige Austerität (rigorose Sparmassnahmen) in Südeuropa zu fordern. Es ist
ein Argument für expansivere Politik an anderer Stelle, insbesondere für die
EZB, ihre Besessenheit für Inflation fallen zu lassen und das Augenmerk nach
Wachstum zu richten, hält Krugman fest.
Die
Deutschen, unnötig zu sagen, mögen diese Schlussfolgerung nicht, auch nicht die
Leitung durch die EZB. Sie klammern sich an ihren Fantasien von Wohlstand durch
Leid und bestehen darauf, dass die Fortsetzung ihrer gescheiterten Strategie das
einzige verantwortliche Ding ist, zu tun, legt Krugman dar. Aber es scheint so,
dass sie nicht mehr bedingungslose Unterstützung des Elysée-Palast geniessen. Und
das bedeutet, ob man es glauben will oder nicht, dass sowohl der Euro als auch
das Europa-Projekt eine bessere Chance hat, zu überleben, als vor ein paar
Tagen der Fall war.
2 Kommentare:
Ich schätze die Analysen von Krugman sehr. Leider sieht er die wirtschaftliche Lage in meinen Augen zu einseitig. Als Beispiel führt er immer wieder die USA auf, die mit der ihrer Fiskalpolitik die Wirtschaft am Laufen hält. Fakt ist jedoch, dass die Arbeitslosenquote in den USA genauso hoch wäre wie in Italien, wenn man die gleichen Parameter bei der Berechnung zugrunde liegen würde. Fakt ist aber auch, dass die exportorientierten Unternehmen in den USA einen maßgeblichen Anteil an der wirtschaftlichen Entwicklung haben. Ohne sie wären die USA längst in einer Rezession.
Und das alles wird mit Schulden bezahlt. Es muss doch Krugman bewusst sein, dass Obama nach der Wahl ein Sparprogramm auflegen wird, dass zu den gleichen Ergebnissen führen wird, wie in Europa. Denn eine Alternative hat er bis jetzt nicht aufgezeigt.
@Johannes: Krugman sagt ja auch immer, dass selbst die USA zu wenig tun
(vergleich auch kürzlich der Schlagabtausch zwischen Krugman und Bernanke)
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