Donnerstag, 24. Mai 2012

EU-Gipfel wie Speed-Dating


Die Staats- und Regierungschefs der EU haben sich in Brüssel getroffen. Konkrete Beschlüsse wurden nicht gefasst. Ohne Happy Ending wie nach einem Speed-Dating. Die Teilnehmer waren sich in Bezug auf das Thema Griechenland, Einführung von Eurobonds, Krisenmechanismus ESM, Planung eines Wachstumspakts usw. wieder uneinig.

Niemand weiss genau, wieviele EU-Gipfel inzwischen stattgefunden haben. Im Fokus stand Griechenland. Es hängt wie Damoklesschwert über dem ganzen Euroland. Aber Griechenland ist eigentlich eine Fussnote in der ganzen Euro-Krise. Es ist die EU-Elite, die sich seit Jahren weigert, die wahren Ursachen der Krise zu erkennen. Es mangelt an Leadership.

Europa leidet heute unter den Schwierigkeiten, die die Gemeinschaftswährung mitbringt. Da die europäischen Länder 60% des Handels miteinander treiben, treffen die von der Theorie des optimalen Währungsraums nahegelegten Vorteile auf die EU zu: Effizienzgewinne einer Einheitswährung, rückläufige Business-Kosten, Verbesserung der Business-Planung usw. Es gibt aber auch Nachteile, welche von sog. „asymmetric shocks“ herrühren, wie z.B. das Platzen eines Immobilienmarkt-Booms.

Als die Idee der europäischen Gemeinschaftswährung sich vor rund 20 Jahren realisierte, machten einige Ökonomen auf die zu schwache die Mobilität der Arbeitskräte im Euroland im Vergleich zum Vorbild USA aufmerksam. Ausserdem fehlte es der EU an einer zentralen Regierung und an einer automatischen Buffering.

Die Befürworter des optimalen Währungsraums EU haben aber darauf bestanden, dass es im Euroland so etwas wie „asymmetric shocks“ nicht geben kann. Falls es irgendwie doch dazu kommen sollte, würden strukturelle Reformen die europäische Wirtschaft flexibel genug gestalten, um die erforderlichen Anpassungen in die Tat umzusetzen.

Dann geschah aber die Mutter aller asymmetrischen Schocks. Der Kapitalzustrom aus dem Kern an die Peripherie der EU hat einen Boom ausgelöst. Es kam zu Lohnerhöhungen am Rand der Eurozone. Während die Lohnstückkosten in Südeuropa kräftig stiegen, stagnierten sie in Deutschland. Der Immobilienboom hat sich in eine Spekulationsblase verwandelt. Die Aussenhandelsdefizite legten am Rand der Eurozone kräftig zu. Südeuropa hat nach und nach an Wettbewerbsfähigkeit verloren.

Die EU-Elite betrachtet die Wirtschaft jedoch wider besseres Wissen als Moralfabel (morality play), wie Paul Krugman in seinem neuen Buch „End This Depression Now!“ zum Ausdruck bringt. Das heisst, dass die von der Krise stark betroffenen Länder gesündigt haben, und daher büssen müssen. Die Euro-Krise ist aber nicht wegen einer unverantwortlichen Haushaltsführung an der EU-Peripherie entstanden. Spanien hatte beispielsweise am Vorabend der Krise eine Haushaltsüberschuss. Portugal und Irland hatten niedrige Staatsverschuldung. Die Krise ging aus der Privatwirtschaft aus. Es war der schwach regulierte Bankensektor.

Die EU ist der grösste Friedensprozess seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Alle vernünftige Menschen haben daher ein Interesse am Erfolg des Zukunftsprojekts. Es kommt darauf an, was die europäischen Staats- und Regierungschefs daraus machen. Die EU-Elite hat aber bisher zumindest in den vergangenen drei Jahren kläglich versagt.

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